„Judas“ – Ich war stolz auf diesen Namen!

„Judas“ – Ich war stolz auf diesen Namen!

In dem Monolog der vielfach mit Preisen ausgezeichneten niederländischen Dramatikerin Lot Vekemans hat Judas seinen großen Auftritt. Judas, allein der Name schon ein Symbol für Verräter und Diebe, befindet sich in Dantes Göttlicher Komödie an der tiefsten Stelle der Hölle.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Im Foyer des Schauspielhauses Salzburg versucht Wolfgang Kandler als Judas, an seinem Image zu arbeiten. Er versichert dem Publikum, dass es Dinge gibt, die sich nicht verstehen lassen. Ein intensiver Abend, der nach der Premiere am 16. Jänner 2025 mit Standing Ovation gewürdigt wurde.

„Ich bin an dem Tag geboren, an dem die Sonne ihren höchsten Punkt im Jahr erreicht, und zu der Stunde, in der ihr Schatten am längsten ist. In einem Land, in dem viel gekämpft wurde, viel gelitten, viel gehofft, viel gebetet. In einer Zeit, in der niemand wusste, wohin genau wir gingen, und sich jeder wünschte, dass es irgendwann besser werden würde. Ich war der Sohn eines Mannes und einer Frau, die sich nicht besonders liebhatten und sich auch nicht besonders hassten, ein Kaufmann und eine Hebamme. Ich bekam einen Namen, der schon seit Generationen dem ersten Sohn in der Familie gegeben wird, als Zeichen der Verbundenheit mit dem fernen Vorvater des Volkes, dem ich angehöre.“

Mir diesen Sätzen stellt sich Judas vor und mit denselben wird er seinen Monolog nach 60 Minuten beenden. Judas ist anfangs unzufrieden mit dem Publikum, denn es befindet sich angeblich jemand unter uns, der nicht bezahlt hat. Das ist nicht ehrlich und so wird er im Laufe des Abends versuchen, den oder die Übeltäterin zu ermitteln.

Immer wieder betont er, dass es sinnlos sei, ihn begreifen zu wollen. Er macht es uns wirklich nicht leicht, denn er springt von einem Thema zum anderen. Auf einen köstlichen Jesus-Witz, den wir zur Aufmunterung serviert bekommen, folgt eine skurrile Geschichte von einem Stein, einem alten Mann und einem Esel. Doch immer wieder kehrt er zu seinem Verrat zurück. Ja, er hat die Schuld auf sich genommen, denn jemand musste es ja tun. Es gibt eben Dunkelheit und Licht und manchmal nichts dazwischen.

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