…am Samstag, den 25. November habe ich das Schneeberger & Bakanic Quartett im Emailwerk gehört, Wunschliste für heuer erledigt, Danke. Ja, manchmal geht es schneller als man meinen möchte, bis zum Wunschlos-Glücklichsein.
Von Markus Weilch, Kunstbox
Das erste Stück trägt den Titel „Swing De Vienne“ und genügt dem geneigten Zuhörer völlig, um zu verstehen, weswegen Diknu Schneeberger als einer der besten Gipsy-Swing Gitarristen der Welt angesehen wird. Die Laien im Publikum sind hingerissen, die gitarristischen Hobbysportler zutiefst beeindruckt und Schneeberger und seine drei Mitmusiker machen sich gerade erst warm…
Weiter geht es mit einem Stück für die Katz, genannt Phoebie – also Phoebies Bossa, einem verspielten Vierklang zwischen den Musikern. Zu Schneebergers Rechten sitzt Julian Wohlmuth an der Rhythmusgitarre und streichelt sein Instrument mit der Gelassenheit eines Schachspielers. Sein Sound ist so tragend in die Stücke eingebettet, dass man sich konzentrieren muss, um ihn aus dem Gesamtbild herauszulösen. Wenn man ihn aber erfasst hat, wird gänsehautmäßig klar, was es bedeutet, in dieser Formation den Beat einzubringen. Wohlmuths Spiel ist so präzise wie betoniert und zugleich führt er die Formation mit einer unaufdringlichen Leichtigkeit durch die Stücke, dass es eine Freude ist. Ebenso eine Freude ist es, Martin Heinzle am Kontrabass zu erleben. Heinzle liebt sein Instrument. Er zupft, streichelt und klopft auf seinem „Partner“ herum als wäre die hölzerne Schönheit sein tönendes Alter Ego. Mal gedankenverloren und tief bebend, mal aberwitzig schnelles Gurren. Wären die Songs des Schneeberger & Bakanic Quartetts Comiczeichnungen, er wäre der schwarze Stift, der die Konturen nachzeichnet.
Der Akkordeon-Virtuose Christian Bakanic wäre demnach der Mann mit den Farben. Was er aus seinem Instrument heraufbeschwört, ist jenseits dessen, was man sich unter einem Mann und einem Akkordeon erwarten kann. Ja, es geht um Schnelligkeit, es geht um Präzision, es geht um Rhythmus – bei Bakanic geht es aber noch vielmehr darum, zu spüren, wie er die Pfeiler gewichtet oder auch einmal ganz fallen lässt, um seinem Spiel diese unfassbare Kreativität anzueignen. Einige seiner Läufe sind dermaßen temporeich und dicht, dass die Töne ineinanderzufließen scheinen und sich aus einem Notenstakkato ein Gesamtklang herauszuschälen beginnt, der in der Partitur nicht zu finden ist. Unweigerlich drängen sich Parallelen zum Obertonsingen auf.
Schließlich ist da noch ER – DER Schneeberger. Wer nun denkt, dass einer der besten Gipsy Gitarristen einer Diva gleich den sprichwörtlichen Ton des Abends angibt, irrt gewaltig. Ja, Schneeberger und seine Gitarre sind omnipräsent, man weiß aber nie, wann er auftaucht. Mal kommt er unangekündigt von hinten, mal setzt er genau da an, wo man ihn nicht erwarten würde und zieht sich zurück, wenn man seinen Einsatz vorherzusehen scheint. Schneeberger bringt die Bilder zum Laufen. Das hochsensible, kleinteilige Spiel, die fliegenden Akkordwechsel, das rasende Picking – es dauert ein wenig, bis man die Person und sein Instrument begreifen und die Gesamtanmutung des Quartetts musikalisch erfassen kann. Vom fließenden „Pannonia“, über den stürmischen „Balkanic“ bis hin zum Namengeber der neuen LP „Avanti Avanti“. Letztgenanntes kommt der Stretta einer Symphonie gleich. Die vier Virtuosen bespielen sich in „Avanti Avanti“ gegenseitig, als würden sie aufeinander losgehen wollen. Aber es bleibt beim gegenseitigen Aufstacheln. Der Bogen zwischen den genialen Musikern spannt sich immer mehr und keiner ist bereit, endlich den erlösenden Pfeil von der Sehne zu lassen. Im Publikum merkt man erst, dass man nicht atmet, als die Luft knapp wird. Würden auf der Bühne Funken fliegen, erstaunt wäre niemand.
Liebes Christkind, wie ausgemacht lassen wir es für heuer gut sein, da geht nichts drüber!
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