Endlich ist wieder ein Roman von Peter Handke erschienen. „Die Obstdiebin“ nimmt den Leser mit großer Selbstverständlichkeit hinein in das Wandern des Dichters. Dieser Roman, dessen Plot kaum zu erzählen ist, nimmt einen hinein in eine zweite poetische Wirklichkeit, die nur Meister der Literatur vermitteln können.

Von Peter Reutterer
Symbolfigur ist eben die Obstdiebin, die – ohne zu stehlen – Früchte an sich nimmt und dabei die Welt entdeckt. Und das mit großer Gewalt gegen all das, was dem geschäftstüchtigen Zeitgeist so bedeutsam ist. Der neue Roman kommt gleichsam zum 75. Geburtstag von Handke auf den Markt. Ich wünsche dem Jubilar für 2018 den Nobelpreis.
Noch mehr wünsche ich den Nobelpreis Haruki Murakami, der Weltliteratur im besten Sinne betreibt. Seit „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“, und das ist schon 4 Jahre her, ist kein neuer Roman mehr erschienen. Umso größer ist die Sehnsucht nach einem neuen Roman Murakamis, der einen von den ersten Zeilen an kompromisslos umarmt. Und wie bei allen großen Künstlern bleibt es ein Geheimnis, woher der Schaffende diese Magie des Zugriffes bezieht. Der richtige Ausruf zu diesen Erfahrungen des Poetischen ist wohl weniger „Wunder der Fantasie“ als vielmehr „Wunder der Wirklichkeit“. Ja, große Künstler trösten uns mit einer größeren Wirklichkeit über die Armseligkeit aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen.
Etwas vom Armseligsten unter den aktuellen Neuerungen ist der Umgang mit Literatur im Gymnasium. Die Bildungspolitik hat es geschafft, den Schulen weitere Ressourcen zu entziehen. In Deutsch werden – und das ist ein ganz konkretes Beispiel – 33 Schüler in einem kleinen Raum mit Literatur behelligt. Wie sollen da die magischen Worte von Handke oder Murakami zu Gehör kommen, geschweige denn zu Herzen gehen. Aber leider glauben die Bildungsexperten in Österreich – und das ist eine Ausgeburt des kapitalistischen Wahnsinns – dass Bildung mit dem Ausfüllen von Tabellen gleichzusetzen ist.
Aber Gott sei Dank gibt einige Standhafte, die für die Magie des Schönen und berührender Wirklichkeiten Augen und Ohr öffnen. Sie warten auf die Übersetzung eines neuen Murakami-Romans und freuen sich über „Die Obstdiebin“.
Siehe auch:
Peter Reutterer: Bei mir Kind
Peter Reutterer: In Italien und Augenblicklich
Peter Reutterer: Augen.Blicke
Peter Reutterer: Siesta mit Magdalena
Buchrezensionen und Kommentare von Peter Reutterer >
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Wie könnte Literatur wichtig sein, wenn es die Schulen schon nicht schaffen, sinnerfassende Lesekompetenz zu lehren!