Paris als poetische Momentaufnahme
Die aktuelle Ausstellung in Salzburg zeigt eindrucksvoll, wie der österreichische Fotograf Martin Essl seine Wahlheimat Paris wahrnimmt – nicht als romantische Kulisse, sondern als vielschichtige, verletzliche Großstadt.

Von Karl Traintinger
Der Ausstellungstitel, entlehnt dem berühmten Gedicht Le bateau ivre von Arthur Rimbaud, dient als poetischer Kompass für eine stille fotografische Reise durch eine Stadt, die sich im Wandel befindet.
Zwischen 2019 und 2023 entstanden Essls Bilder – meist sonntags oder montags, oft mit dem letzten Licht des Tages. Sie zeigen urbane Miniaturen: eine bläulich leuchtende Wand, Lichtreflexe von vorbeifahrenden Autos, der Schatten eines Strauchs, der sich langsam zur Welle formt. Es sind scheinbar beiläufige Beobachtungen, doch sie entfalten eine intensive Wirkung. Die Kamera wird dabei zum Instrument der Verlangsamung, der Wahrnehmung, fast der Kontemplation.
Essl dokumentiert nicht, er beobachtet. Hinter der formalen Reduktion seiner Arbeiten blitzen Geschichten auf: der Brand von Notre-Dame, die Leere der Pandemie, Proteste und Spannungen. Diese Ereignisse sind keine dramatischen Höhepunkte, sondern leise Spuren im Alltag – eingebettet in einen ganz persönlichen Erzählstrom, in dem Erinnerung und Gegenwart, Licht und Stadtlandschaft ineinanderfließen.
Le bateau ivre ist weder Reportage noch klassische Street Photography. Vielmehr handelt es sich um einen poetischen Essay über das Leben in einer Stadt, die sich ständig neu erfindet. Essl zeigt Paris nicht durch große Gesten, sondern in den kleinen, oft übersehenen Momenten und schafft so eine stille Hommage an das Sehen selbst.




Eine einfühlsame, entschleunigende Ausstellung, die lange nachhallt – für Paris-Liebhaber, Fotografiebegeisterte und alle, die sich für das Unsichtbare im Sichtbaren interessieren.
FOTOHOF
Inge Morath Platz 1–3
5020 Salzburg | AT
Martin Essl: Bis 2. 8. 2025

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