|
EuRegio-Symposium
1999 in Oberndorf / Laufen
"shell & shell"
Die New Yorker Künstlerin Rosa
Valado konzipierte zwei muschelförmige Räume, die einander am
Salzachufer in Oberndorf und Laufen gegenüber liegen.
Das Kunstwerk ist zugleich Ort der
Begegnung. Ein begehbares und bespielbares Kunstobjekt, vergleichbar den
Orten wie Höhle, Haus, Zelt, die von jeher den Menschen zum Verweilen
einluden. Den unmittelbaren Beweis für den Reiz des angebotenen Raumes
liefern die Kinder, die ihn mit sichtlichem Vergnügen in Beschlag nehmen,
während er noch aufgebaut wird.
Kunst ist hier materielle
Wirklichkeit, die sich aus einem Kommunikationsprozeß heraus entwickelt.
Das beginnt mit der Zusammenarbeit der Industriefirma StahlForm mit der
Künstlerin, wo sich Valado für drei Wochen ihren Arbeitsplatz einrichten
konnte und reicht bis zu publikumsbezogenen Veranstaltungen und spontanen
Aktionen am Aufstellungsort. Das Projekt von Rosa Valado unterlag den
gewöhnlichen, täglichen Prozessen des Lebens und der Kommunikation von
Menschen miteinander, was auch Unvollständigkeit und
Meinungsverschiedenheit einbezieht. Das heißt im konkreten Fall, Rosa
Valado hat für die zweite "shell " am Salzachufer in Laufen nur
einen Zellkern gelegt. Ein Symbol dafür, daß die Begegnung zwischen
Oberndorf und Laufen erst weiterwachsen muß und wie im "wirklichen
Leben" braucht es dazu Zeit. Die Arbeit der Künstlerin ist als
"work in progress" zu verstehen, als Anregung für einen
beginnenden organischen Wachstumsprozeß.
"Shell & shell" wurde am 29.Juli durch den Präsidenten der
EuRegio Salzburg ? Traunstein - Berchtesgadener Land, Bgm. Matthias
Hemetsberger eröffnet, der auf die Funktion der EuRegio als Anreger
gemeinsamen Verständnisses und Tuns nicht nur im wirtschaftlichen,
sondern auch im künstlerisch-kulturellen Bereich hinwies. Die
Bürgermeister Andreas Kienzl für Oberndorf und Ludwig Herzog für Laufen
begrüßten mit sehr persönlichen Worten im Namen der beiden
Veranstaltungsorte.
Auf Einladung der Kunstinitiative KNIE nutzten zahlreiche Personen und die
"shells" als Zentrum für eine Woche intensiver "events"
und scheuten sich dabei nicht, den trennenden Salzachfluß mit
einzubeziehen und mit ihren Aktionen zu überschreiten:
Am Samstag, 31. August startete der Gosauer Künstler Paul Jaeg mit einem
die beiden Orte per Telekommunikation verbindenden Projekt. Er selbst saß
am Ufer in Oberndorf vor seiner Staffelei, am Laufener Ufer installierte
sich Christa Gallert-Zirzow aus Trostberg mit ihren Malwerkzeugen und
Helfern. Mittels handy wurden genau sechzig Minuten lang Anweisungen
ausgetauscht, die hier und dort in freier Malerei je ein Bild entstehen
ließen. Gleich in allen Vorgaben und doch so verschieden im Ergebnis wie
es auch die beiden Künstler tatsächlich sind. Eine Aktion, die bei
Künstlern und Zuschauern gleichermaßen Spannung erzeugte.
Noch am selben Abend präsentierte die Künstlergruppe ERNAS eine auf das
Kunstobjekt "shell" Bezug nehmende Arbeit. Über ein am Boden
liegendes Tonband im Zentrum der Muschel übertrugen (vermittelten) sie
ein "Tonbild". Die transparente Muschel bewährte sich als Ort
meditativen Zuhörens.
Am Sonntag spazierten die von Ingeborg Anders zuvor in der Muschel
bemalten Models - "Körper als Malgrund" - zwischen Oberndorf
und Laufen hin und her, während der Kulturring Eggelsberg Passanten zu
einer Schreibaktion "die Säule-das Zeichen-die Schrift" einlud.
Wie ein "Festl" mit offenem Grillfeuer in der Muschel gestaltete
sich die Katalogpräsentation von Paul Stadler am Montag, der einen
Marktstand mit Torferde mitbrachte und Kinder und Erwachsene einlud, sich
selbst einen Katalog "auszugraben".
Die neugegründete Gruppe "ache 700" aus der Papierfabrik in
Lengfelden stellte sich mit viel Power und Witz am Dienstag vor. Aus
mitgebrachten Teilen von Papiertrockengestellen entstand in einer
Performance eine kleine "ache 700" ? ein Video ergänzte den
Eindruck ihrer Arbeit.
Oberndorfer und Laufener Künstler nützten am Mittwoch die Muschel als
Ausstellunsraum und zeigten ihre Werke. Abends kam es zu einem
"Kunstgespräch" zwischen den zu Gustav Bauers
CD-Erstpräsentation erschienen Besuchern und Künstlerfreunden. An beiden
Ufern der Salzach installierte er die Boxen aus denen metrisch exakt in
"Schnitte" zerlegte Stimmen eines Gesprächs tönten.
Dichtes Programm gab es am Donnerstag. Thomas Stadler stellte seine in New
York entstandene Arbeit "Brown bag" vor. Dabei geht es um das
Verhalten der Amerikaner, die gezwungen sind, ihre Bier oder Weinflaschen
in braunen Papiertüten zu verstecken , da Alkohol im öffentlichen Raum
offiziell verboten ist. Peter Reutterer las aus seinem neuesten Buch
"Lokalaugenschein". Nach Einbruch der Dunkelheit projizierte
Raimund Kirchweger seine Tonbildschau "Feuer" auf die Muschel,
deren transparente Hülle sich als ideales Medium für Diaprojektionen
herausstellte.
Den Abschluß der Woche bildete eine Kunstauktion, die von Robert Messie
fachkundig und professionell durchgeführt wurde und der Auftritt des
Oberndorfer "Triangel Chores", zu dem erfreulich viele Besucher
gekommen waren. Alle Aktionen wurden von Ismene Grillich filmisch
festgehalten und der Salzburger Komponist Martin Köb zeigte einmal mehr,
daß er als "Hausmusiker" der Kunstiniative KNIE unersetzlich
ist.
Ulrike Guggenberger
|