Patchwork „Romeo & Julia“ im Odeïon in Mayrwies

Einfach kompliziert – Thomas Bernhard

120 Schüler aus vier verschiedenen Schulen (HIB Saalfelden, BORG Mittersill, Rudolf-Steiner-Schule Salzburg, BG Zaunergasse) haben sich intensiv mit Shakespeares tragischer Liebesgeschichte beschäftigt und daraus eine flotte, sehr heutige „Lovestory“ gebastelt. Ein aufwendiges, zeitintensives Projekt, eine logistische Meisterleistung des jungen Regisseurs Benjamin Blaikner.

elipi_aVon Elisabeth Pichler

Wenn 320 Jugendliche im vollbesetzten Dorothea Porsche Saal auf den Auftritt ihrer Mitschüler warten, dann gibt es vorweg schon frenetischen Applaus. Auf der Bühne wird hingegen heiß diskutiert, ob es heute gendermäßig korrekt nicht Julia & Romeo heißen sollte. Großzügig wird auf eine Änderung des Titels verzichtet und das Spiel kann beginnen. Die Bürger von Verona, die verfeindeten Montagues und Capulets, tragen einen Wetttanz aus. Welcher Gruppe gelingt die bessere Performance? Wer kann mit dem geschickteren Breakdancer brillieren? Romeo und Julia sind vielfach besetzt, doch stets an ihrer Kleidung zu erkennen. Die einzelnen Schulklassen schaffen es, ein wirklich perfektes Patchwork-Stück auf die Bühne zu zaubern, die Übergänge sind kaum zu erkennen. Viele witzige Details sorgen beim Publikum immer wieder für Begeisterungsstürme, wie etwa der sprechende Wald, die knirschenden Türen der Disco oder natürlich das Hochzeitslager (ein riesiges weißes Tuch) mit einem romantisch beleuchteten Herz im Hintergrund.

Bei so vielen jungen Menschen auf der Bühne kann auf ein Bühnenbild und Requisiten ohne weiteres verzichtet werden. Die Rückwand zieren Unmengen von bunten Liebesbriefchen, das reicht völlig, denn Tische und Sessel können zur Not auch pantomimisch dargestellt werden. Sprachlich ist die Aufführung eine bunte Mischung aus ein paar Brocken Originaltext – teilweise sogar auf Englisch – und viel Umgangssprache, das passt bestens zu den jungen Künstlern, ohne sie zu überfordern.

Benjamin Blaikner und Gisela Ruby haben in dieses beachtliche Projekt viel Zeit investiert, doch es hat sich gelohnt. Eine frische Inszenierung, die der Jugend hoffentlich die Scheu vor den Klassikern mit ihren theatralischen Texten nehmen kann. Ein überaus geglücktes Experiment, zu dem man Reinhold Tritscher, dem künstlerische Leiter des Odeïon, nur gratulieren kann.

Patchwork „Romeo & Julia“ sehr frei nach William Shakespeare – Regie: Benjamin Blaikner und Gisela Ruby. Organisation: Marie Hoppe. Kostüme: Nora Fankhauser. Mit Schülern der HIB Saalfelden, des BORG Mittersill, der Rudolf-Steiner-Schule Salzburg und des BG Zaunergasse.

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