„Prima Facie“ – Sind Gesetze immer gerecht?

Magdalena Köchl

Magdalena Köchl | Foto: Kleines Theater © Christian Hartmann

Suzie Millers aufwühlender, preisgekrönter Monolog über sexualisierte Gewalt ist derzeit im Kleinen Theater zu sehen. Magdalena Köchl brilliert in einer Produktion des Theaters Chronos als junge Anwältin, die feststellen muss, dass das Justizsystem nicht immer funktioniert. Bei der Premiere am 19. März 2025 gab es Standing Ovations von einem zutiefst bewegten Publikum.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Prima facie  ist ein lateinischer Ausdruck, der „ auf den ersten Blick“ oder „auf den ersten Eindruck hin“ bedeutet. Prima Facie ist der juristischer Fachausdruck für „Anscheinsbeweis“, „bis auf Widerruf“.

Aus dem Arbeiterkind Tessa ist eine erfolgreiche Strafverteidigerin geworden. Ihre Spezialität sind Männer, die wegen sexueller Übergriffe vor Gericht stehen. In solchen Prozessen steht üblicherweise Aussage gegen Aussage. Mit juristischem Geschick gelingt ihr meist ein Freispruch. Ihre Mutter ist allerdings weniger begeistert, denn sie ist der Meinung: „Jetzt läuft schon wieder ein Verbrecher frei herum.“ Tessa aber glaubt an das Gesetz und die Rechtsprechung. Sie handelt nach dem Prinzip in dubio pro reo. im Zweifel für den Angeklagten.

Tessa arbeitet in einer angesehenen Kanzlei und hat eine stürmische Affäre mit einem Kollegen. Nach einem gemütlichen gemeinsamen Abendessen beim Japaner nimmt sie ihn mit in ihre Wohnung. Als ihr aber plötzlich schlecht wird, will das Julian nicht zur Kenntnis nehmen und nimmt sie rücksichtslos und mit Gewalt. Tessa flüchtet aus der Wohnung und erstattet Anzeige, obwohl ihr klar ist, dass ihre Chancen äußerst gering sind. Auch ihre Freunde wissen, was das zu bedeuten hat, und warnen sie: „Warum tust du dir das an?“

Plötzlich steht Tessa auf der anderen Seite des Systems und das erfordert Mut. „Es steht so viel auf dem Spiel: mein Privatleben, Freunde, die Familie. Meine Karriere. Alles, einfach alles. Das macht mir Angst.“

Zum selben Thema gibt es auch einen hervorragenden Film nach einem Theaterstück von Ferdinand von Schirach: „Sie sagt. Er sagt.“ Eine bekannte TV-Moderatorin beschuldigt ihren Freund, sie nach zunächst einvernehmlichem Sex in seiner Wohnung vergewaltigt zu haben. Auch hier steht im Prozess Aussage gegen Aussage. Magdalena Köchl verkörpert anfangs die temperamentvolle, lebenslustige junge Anwältin, die ihren Beruf liebt und natürlich an das Rechtssystem glaubt. Doch als sie von der Verteidigerin zu Angeklagten wird, lässt das Gesetz sie im Stich, denn der Nachweis der Glaubwürdigkeit ist schwer. „Ich bin kaputt, aber ich bin noch da!“

Leonard Dick hat diesen kraftvollen Monolog mit enormem Tempo in Szene gesetzt. Die musikalische Untermalung stammt von der Salzburger Musikerin Anna Buchegger, die nach ihrem Sieg bei Starmania nun mit ihren ersten Album „Windschatten“ durch Österreich tourt. Ein Theaterabend der nachhallt, ein hochaktuelles Thema, das wohl niemanden kaltlässt.

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