“Es ist sehr richtig und klug, die Reden erst nach der Vorstellung anzusetzen, weil so das Theater erst einmal selbst zu Wort kommt. Wir haben einer wunderbaren Vorstellung (Theater Holzhausen – Don Quichote und Sancho Pansa) beigewohnt, und dafür möchte ich erst einmal bedanken, bei allen, die daran ihren Anteil hatten. Das ist ja das Faszinierende an Theater, dass es jede Fähigkeit gut brauchen kann. Oder anders gesagt, es gibt für praktisch niemanden einen Grund, nicht am Theater zu arbeiten.
Dann möchte ich mich bei Ihnen bedanken, sehr geehrte Damen und Herren des Publikums. Denn ohne Sie findet Theater schlicht und einfach nicht statt. Theater ist die vielleicht radikalste Kunstform, weil sie sich tatsächlich erst in der Veröffentlichung realisiert. Man kann sich in monatelangen Probenprozessen alle nur möglichen Konzepte aus den Fingern saugen: Der Theaterabend wird erst durch das Publikum vollendet und bekommt erst durch das Publikum seinen Sinn.
Zur Zeit hört man wieder massiv von der Krise des Theaters, gemeint ist damit eher eine Finanzierungskrise, denn eine Publikumskrise kann ich für das Theater beim besten Willen nicht feststellen. Ich bin sogar davon überzeugt, dass Theater durch seine Unmittelbarkeit und Primitivität gerade in kälteren, unpersönlicheren Zeiten immer mehr nachgefragt sein wird. Und über das leidige Geld will ich nur so viel sagen: Der überwiegende Teil der Theaterarbeit wird sowieso nicht oder völlig unzureichend finanziert. Ich kennen kaum einen ernsthaften Theaterarbeiter, wo ein umgelegter Stundenschlüssel auch nur eine angemessene Größenordnung erreicht. Natürlich gibt es auch am Theater Spitzenverdiener, wie überall, aber die sind eine extreme Minderheit. Die meisten Menschen arbeiten aus echter Begeisterung und Leidenschaft fürs Theater, und zwar viel mehr als überhaupt bezahlbar ist.
Sie tun das, um im Spiel das Menschliche zu erforschen, um der Gesellschaft einen Spiegel vor zu halten. Nur dumme Menschen können glauben und sagen, dass Spiele etwas für Kinder sind. Ernsthafte Erwachsene spielen ständig: Man nennt das Vision, Szenarien, Leitbilder. Das Theater holt alle Schreckbilder aus unseren Träumen und all unsere Wunschbilder auf die Bühne, macht alles ansehbar, erfahrbar. Das Verbrechen und das Heilige sind die Stoffe, aus denen das Theater ist.”
Robert Pienz
Künstlerischer Direktor, Schauspielhaus Salzburg
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