„Wer so wie wir aus dem letzten Loch pfeift, dem stehen Komödien besser zu“, äußert sich Kaiser Romulus unverblümt seinem Hofstaat gegenüber. Ja, es wird herzlich gelacht im Publikum, wiewohl man laut Stück kurz vor dem Untergang des weströmischen Reiches steht. Die Rolle des Hofnarren übernimmt Kaiser Romulus selbst. Wer sonst könnte es wagen zu sagen: „Das Pflichtbewusstsein meiner Soldaten fängt an mir lästig zu werden.“
Von Ulrike Guggenberger
Ein Kaiser, der an Krieg und Verteidigung weltumspannender Reichsideen zweifelt, ist entweder unfähig oder weise. Letzteres trifft auf Romulus zu, doch ist die Zeit nicht reif. Er steht allein da mit seinen quertreiberischen Gedanken. Seine Hühnerzucht, ungestörter Schlaf, ein ausgiebiges Frühstück bedeuten ihm mehr als jeglicher politischer Ehrgeiz.
Noch einmal vereidigen sich Kaiserin Julia, Kaisertochter Rea, Patrizier, der Innenminister sowie der Kriegsminister auf das Sendungsbewusstsein des Weltreiches. Sie alle werden just im Untergang, den sie verhindern wollen, umkommen.
Mit unaufwändigen Requisiten bestreiten Bühnenbild und Kostüme 24 Stunden Weltgeschichte, die zur Farce wird: Der Morgen des 15. März bis zum Morgen des 16. März im Jahre 476 nach Christus. Der Tag an dem sich der feindliche Germanenfürst Odoaker und Romulus Augustus in der Privatvilla des mächtigsten Herrschers der damaligen Zeit einander gegenüberstehen.
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Friedrich Dürenmatt, 1921 geboren, ist bekannt für seine Zeitsatiren. Im bitteren und wie in diesem Stück im verblüffend-arglosen Ton des Hauptakteurs verlieren seine Inhalte nichts an Aktualität. Assoziationen an die Gegenwart und jüngste Vergangenheit stellen sich von selbst ein.
Die Theatergemeinschaft Holzhausen eröffnet mit diesem brillianten Stück das 65. Jahr seiner Spielzeit. Konsequent verfolgen Initiator Matthias Hochradl, Veronika Pernthaner, seit einigen Jahren nunmehr Regisseurin sowie langjährig mitwirkende Schauspielerinnen und Schauspieler ihr ernsthaftes, ambitioniertes Arbeiten. Sorgfältig studieren und wählen sie mögliche Stücke, die Qualität des Inhalts liegt ihnen vor allem am Herzen. Das persönliche Vermögen der Schauspiel-Truppe liegt in ihrem unverfälschten, unverbogenen Auftreten.
Gesang und Musikeinstudierung sind ebenso hervorzuheben wie das Spiel Johann Winklers als Romulus Augustus. Eine dem Anlass würdige Aufführung. Für Heiterkeit sorgte das Mitwirken lebender Hühner.
Romulus der Große / Ungeschichtliche historische Komödie von Friedrich Dürrenmatt / Theater Holzhausen / Premiere, 27. März 2010 / Regie: Veronika Pernthaner / Regie-Assistenz: Waltraud Hochradl / Bühnenbild: Matthias Hochradl / Kostüme: Franziska Zauner / Licht: Peter Stein / Technik: Matthias Hochradl, Wolfgang Schweinsteiger / Musik: Reinhard Bitzinger / Gesang: Stefan Adamski, Waltraud Hochradl. Mit: Gisela Absmanner, Stefan Adamski, Max Ferner, Markus Ferner, Julia Görg, Richard Harfmann, Matthias Hochradl, Waltraud Hochradl, Christa Landrichtinger, Andreas Meier, Josef Mitteregger, Fritz Niederreiter, Silvia Reichl, Johann Schallinger, Hermann Seidl, Lea Schwarz, Johann Winkler. Eine Produktion der Spielgemeinschaft des Theaters Holzhausen im Rahmen der Aktion Theaterwerkstatt Regie des SAV. Fotos: Karl Traintinger, Dorfbild.com
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