Mareike Fallwickl lässt in ihrem Roman „Und alle so still“ völlig überforderte und frustrierte Frauen nicht streiken, sondern einfach nichts tun. Das führt zu einem Chaos, auf das die Männer mit Gewalt reagieren.

Susanne Schmelcher hat eine Bühnenfassung erstellt und für eine temporeiche, sehr aufwendige Inszenierung gesorgt. Bei der Premiere am 5. April 2025 gab es im restlos ausverkauften Salzburger Landestheater, eine Seltenheit bei einem Sprechstück, Standing Ovations für ein groß aufspielendes Ensemble von einem etwas betroffenen Publikum.
Iris (Getraud Ingeborg) hat zwar auch Medizin studiert, doch nun sitzt sie schon ihr ganzes Leben lang im Vorzimmer ihres Gatten als Sprechstundenhilfe. Sie war für ihre Tochter Alma (Tina Eberhardt) absolut kein Vorbild und so betreibt diese nun äußerst erfolgreich ein Wellnesshotel. Ihre Tochter Elin (Nikola Jaritz-Rudle) ist eine erfolgsverwöhnte Influencerin und Männer-Testerin. Da kann allerdings auch mal eine absolute Niete dabei sein.






Almas Schwester Ruth (Britta Bayer) hat es nicht so gut erwischt. Nach der Geburt eines behinderten Sohnes machte sich der Vater aus dem Staub. Er zahlt zwar fleißig, auch nach dem Tod des Kindes vor 12 Jahren. Hätte er sich jemals gemeldet, hätte er natürlich von dessen Ableben erfahren. Nun arbeitet sie als Krankenschwester und ist ständig erschöpft von den vielen Überstunden.
Als Iris beschließt, nichts mehr zu tun, und sich einfach auf die Straße legt, finden sich schon bald Gleichgesinnte. Eigentlich müsste sich auch Nuri (Aaron Röll) dazulegen, denn er steht gewaltig unter Druck. Er will unbedingt von zu Hause ausziehen, doch das kostet. Auch seine drei Jobs, als Aushilfe in einer Bar, Bettenschieber im Spital und Pizza-Lieferant, bringen ihn nicht wirklich weiter. Schließlich landet er in einer Fabrik und reinigt Giftfässer. Ein gut bezahlter Job, aber ob er den lange überleben wird, ist fraglich.






Iris lädt die protestierenden Damen zu sich nach Hause ein. Ihr Mann (Christoph Wieschke) ist davon nicht begeistert, er versteht die Welt nicht mehr. Wer bügelt jetzt seine Hemden? Ruth ist zwar völlig am Ende, doch sie hält am längsten durch. Schließlich werden im Spital nur mehr Patienten mit Begleitung als Pflegehilfe aufgenommen.
Ein Chor von „Hysteria-Damen“ versorgt uns mit Fakten über die noch immer schlechte Lage von Frauen. Da hat auch die Gebärmutter (Larissa Enzi) ein Wörtchen mitzureden. Das männliche Pendant ist die Gewalt in Gestalt einer Pistole (Fabian Lichottka). Diese wartet in einer Sockenlade ungeduldig auf ihren Einsatz.
Amüsant ist die Szene am Kuchenbuffet. Das weckt bei Müttern Erinnerungen an diverse Kindergarten- und Schulfeste. „Aber das machen wir doch gerne!“, entspricht nicht immer der Wahrheit. Die Drehbühne (Bühne und Kostüme: Eva Musil) ist ständig im Einsatz, denn die Szenen wechseln in rasendem Tempo.





Mareike Fallwickls feministischer Roman über den stillen Protest der Ausgebeuteten wurde von Susanne Schmelcher sehr turbulent, doch mit viel Gefühl in Szene gesetzt. Die angesprochenen Probleme sind allerdings so vielschichtig, dass volle Konzentration gefragt ist. Ein etwas unbequemer Theaterabend, der die Frage aufwirft: Werden wir Frauen es wohl schaffen, das sinkende Schiff zu retten?
„Und alle so still“ – von Mareike Fallwickl. Bühnenfassung von Susanne Schmelcher. Inszenierung: Susanne Schmelcher. Bühne und Kostüme: Eva Musil. Musik: Viola Kramer. Dramaturgie: Friederike Bernau. Video: Stefan Aglassinger. Mit: Gertraud Ingeborg, Britta Bayer, Tina Eberhardt, Nikola Jaritz-Rudle, Aaron Röll, Larissa Enzi, Charlotta Grimm, Marlene Alea Hagedorn / Pauline Großmann, Fabian Lichottka, Christoph Wieschke. Fotos: SLT

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