Die „Geschichten aus dem Wiener Wald“, die kennt man. Man hat sie gelesen, studiert, die Verfilmungen und berühmten Inszenierungen gesehen.
Von Nina Groß
Man weiß, es geht um Marianne, die Tochter des Zauberkönigs, die mit dem Metzger Oskar verheiratet werden soll, sich aber gerade am Tage ihrer Verlobung in den Taugenichts Alfred verliebt und mit ihm gemeinsam durchbrennt. Man weiß, dass sie ein uneheliches Kind bekommt und todunglücklich mit ihrem Alfred wird, dass das Kind zur Großmutter kommt (raus in die schöne Wachau) und der Mann sie verlässt. Man weiß vom sozialen Abstieg der jungen Marianne, und dass der Vater sie halbnackt als erotische Tänzerin wiedertrifft. Man weiß, dass Marianna dann doch noch in die Straße im achten Bezirk zurückkehrt und den Metzger heiraten wird.
Man weiß, dass das uneheliche Kind nicht überlebt, die Großmutter stellt es in die kalte Zugluft. Man weiß, dass es kein Happy End gibt, sondern eine Fortsetzung der Unterdrückung und Brutalität. Man weiß um den benutzten Bildungsjargon (die Regieanweisung Horvaths: „jedes Wort muss hochdeutsch gesprochen werden, allerdings so wie jemand, der sonst nur Dialekt spricht“) man weiß, dass es um das Monster Mensch geht, die Abgründe hinter der Fassade, um Boshaftigkeit und das Kleinbürgertum als trügerische Idylle.
Man kennt die „Geschichten aus dem Wiener Wald“. Mit großen Erwartungen setzt man sich also im Akademietheater nieder und st…
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