Violoncello: Ugubhu – Steigen und fallen

Anmari van der Westhuizen | Foto: © Karl Traintinger

Anmari van der Westhuizen | Alle Fotos: © Karl Traintinger

Mit Spannung wurde in Salzburg das Konzert der südafrikanischen Cellistin Anmari van der Westhuizen erwartet. Neben ihrer beeindruckenden Solokarriere tritt sie auch als Dirigentin hervor und zählt zu den Gründungsmitgliedern renommierter Ensembles, wie des UCT Trios, des Collage Ensembles und von I Grandi Violoncellisti. Sie studierte am Mozarteum bei Prof. Heidi Litschauer, die, wie viele andere Cello-Begeisterte, beim Konzert auch anwesend war.

Um es vorwegzunehmen: Anmari van der Westhuizen spielte sich mit bewundernswerter Ruhe und unaffektierter Virtuosität in die Herzen der Zuhörer. Jede auch noch so schwierige oder unkonventionelle Spielart meistert sie mit Bravour, ihre Kantilenen zeichnen sich stets durch Anmut und Eleganz aus.

Dabei spielt es keine Rolle, dass sie für ihr Konzert im Sacellum Salzburg acht Werke zeitgenössischer Komponist*innen auswählte und dabei auf bekannte Repertoire-Stücke vollends verzichtete. Das Konzept, vier neue südafrikanische Werke vier österreichischen Werken gegenüberzustellen, ging voll auf. Müßig zu erwähnen, dass das Fremdartige der afrikanischen Kultur für das Publikum einen besonderen Reiz darstellte.

So zu hören in der Komposition Mamela Mamela Mamela der südafrikanischen Komponistin Lise Morrison. Mamela bedeutet – aus der isiXhosa-Sprache übersetzt schlicht und einfach „zuhören“. Dementsprechend möchte die Komponistin mit ihrer auf dem Spannungsfeld von Klang und Stille aufgebauten, im positiven Sinn des Wortes „filigranen“ Musik die Zuhörerschaft zum „Zuhören“, zum aktiven „Hinhören“ auffordern.

Hans Huyssens Werk Ugubhu  hat dem Programm seinen Namen gegeben. Als Ugubhu wird ein einfaches afrikanisches Saiteninstrument in Bogenform, mit oder ohne Kalebasse als Resonanzverstärker bezeichnet, wie es in der indigenen isiZulu-Musik vielfach verwendet wird. Kompositionstechnisch gesprochen formt Hans Huyssen durch vertikale wie horizontale Schichtung tonaler Felder eine schlüssige Einheit. Dabei nimmt er in konstanter Weise Bezug auf die Ugubhu-Spieltechniken, wie etwa dem Schlagen mit dem Bogen auf die Saiten, im Fachjargon als collegno bezeichnet.

Murmurs Of Hope wurde vom Johannesburger Kompositions-Professor Andile Khumalo speziell für Anmari van der Westhuizen verfasst und erlebte an diesem Abend seine Uraufführung. Das atmosphärische Stück handelt von denjenigen sieben Sternen, die in der altafrikanischen Kultur als Frühlingsboten verstanden wurden. Jetzt mussten etwa die Früchte des Feldes gepflanzt werden. Diese sieben Sterne wurden aber nicht nur als Anfang einer neuen Jahreszeit aufgefasst, sondern symbolisierten auch den Beginn einer neuen, besseren Zukunft.

Mehr nach westlichen Vorbildern richtet sich Matthijs van Dijk´s Stück Origin – Woke Up This Morning. Angelehnt an die Rock- und Bluesmusik vergangener Jahrzehnte, entwickelt er seine Komposition. Die Palette der Ausdrucksmöglichkeiten reicht dabei vom hartnäckig gehämmerten Quinten-Riff bis zur intim gesäuselten Blues-Kantilene.

Alle diese verschiedenen Herangehensweisen weiß die Solistin durch ihr differenziertes Spiel bestens umzusetzen und so die südafrikanische Kultur, ihre eigene Kultur, dem Publikum näher zu bringen und plastisch erlebbar zu machen.

Nicht weniger Aufmerksamkeit wurde der Interpretation der österreichischen Werke geschenkt.

Anders als die afrikanischen stehen diese – bei jeweils starker stilistischer Eigenart – eher in der Tradition westlicher Kunstmusik. Auch hier erweist sich Anmari van der Westhuizen als stilsichere Interpretin, etwa wenn sie in Klaus Agers Werk Camchatka. Drei Canons, op. 88 eine hochvirtuose Passage in (gewollt) hinkendem Rhythmus vorträgt, ohne dabei ein einziges Mal auf ihr Instrument schauen zu müssen. Oder wenn sie in Hannes Heher´s Solo for Cello, das in einer ansprechenden, eigenständigen Tonalität gehalten ist, noch eine bezaubernde eigene Note hinzufügt. Ähnliches gilt für Siegfried Steinkogler´s Konzertstück On The Bridge, in dem sich verschiedenste virtuose Elemente nach und nach zu einer Einheit verdichten. Eine mikrotonale Passage mit Flageolett-Tönen wie auch ein vierteltöniger – mit „Gassenhauer“ überschriebener – Teil bilden intermezzoartige Inseln in diesem Entwicklungsgeflecht. Selbst die vielen unkonventionellen Spieltechniken von Agustín Castilla-Ávila wirken bei ihr ganz selbstverständlich und ungekünstelt, ganz besonders im 1. Satz mit dem Titel Prelude for before the playing, in dem das Instrument noch in seinem Koffer liegt und die Musik in der Hauptsache aus Percussionelementen besteht und die Saiten vorerst nur behutsam gestrichen werden.

Das Konzertprogramm:

Lise Morrison: Mamela Mamela Mamela (2023)
Klaus Ager: CAMCHATKA (2006)
Andile Khumalo: Murmurs of Hope (2024) Weltpremiere
Siegfried Steinkogler: On The Bridge (2001)
Matthijs van Dijk: Origin “Woke up this morning …” (2014)
Hannes Heher: Solo für Cello (2015)
Hans Huyssen: Ugubhu (1996)
Agustín Castilla-Ávila: Suite of Movements (2017)

Großer, nicht enden wollender Applaus verabschiedete die umjubelte Cellistin. Ein Dank gebührt an dieser Stelle der Salzburger Gesellschaft für Musik und der KHG Unipfarre Salzburg für die Durchführung dieser Veranstaltung.

Von links nach rechts: Agustin Castilla-Avila, Klaus Ager, Anmarie van der Westhuizen, Hans Huyssen, Siegfried Steinkogler

Von links nach rechts: Agustin Castilla-Avila, Klaus Ager, Anmarie van der Westhuizen, Hannes Heher, Siegfried Steinkogler

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