„Vortex Temporum“ – wie sich die Zeit verdichtet

Die niederländische Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker hat sich viele Jahre mit dem Spätwerk des 1998 verstorbenen französischen Komponisten Gérard Grisey „Vortex Temporum“ (1996) auseinandergesetzt. Das Ergebnis, eine einstündige Tanzperformance, in der die Tänzer ihrer Kompanie „Rosas“ auf das auf Neue Musik spezialisierte Ictus Ensemble treffen, war im Rahmen der Sommerszene 2014 als österreichische Erstaufführung im republic zu bewundern.

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Von Elisabeth Pichler

Die kahlen Ziegelmauern im republic passen hervorragend zu dem etwas spröden Gesamtkunstwerk. Die Kreidekreise am dunklen Bühnenboden weisen auf die deutsche Bedeutung des Stückes, „Zeitwirbel, Zeitstrudel“, hin. Die ersten zehn Minuten gehören alleine den Musikern des Ictus Ensembles, drei Streichern, zwei Bläsern und einem Pianisten. Die vielschichtige Komposition beeindruckt durch eine große Bandbreite farbiger Harmonien und Klänge. Nach einem furiosen Solo des Pianisten verlassen die Musiker den Raum.

Nun sind die Tänzer der Kompanie „Rosas“ an der Reihe. Sie versuchen, die eben gehörte Musik durch Bewegungsmuster verständlich zu machen. Die schleifenden und quietschenden Geräusche ihrer Turnschuhe begleiten ihre kreis- und spiralförmigen Sprung- und Ziehbewegungen. Zum Abschluss der Performance treten Musiker und Tänzer zwar gemeinsam auf, doch treten sie nicht in Kontakt miteinander, auch wenn jedem Musiker ein Tänzer zugeordnet ist, dem Pianisten sogar zwei. Teils hektisch und energiegeladen, teils erschöpft torkelnd fühlen sie den effektvollen Klangwirbeln sowie den feineren Klangeinheiten der Musik nach. Pausen werden wirkungsvoll eingesetzt, die Tänzer halten wie versteinert inne, bevor sie beginnen, die Kreisbewegungen im Zeitlupentempo nach vorwärts oder auch rückwärts fortzusetzen.

Mit dieser bei der Ruhrtriennale 2013 uraufgeführten einstündigen Tanzperformance gelingt es Anne Teresa De Keersmaeker, die Feinheiten zeitgenössischer…

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