Kaum jemand, der am 17. Tag des noch so jungen Jahres das Emailwerk besuchte, wusste, wer Margarethe Ottillinger war. Auch ich nicht, was mich umso neugieriger machte. Die Reihe „FRAUENZIMMER“ hatte in ihrer dritten Ausgabe zu einem Theaterabend geladen, der das Leben und Wirken dieser besonderen Frau zum Inhalt machte.

Von Leo Fellinger
Zuerst zur Hauptfigur des Abends: Margarethe Ottillinger ist eine bedeutende, doch weitgehend in Vergessenheit geratene Persönlichkeit der österreichischen Nachkriegszeit – Beamtin, Managerin und zugleich tiefgläubige Christin. Geboren am 6. Juni 1919 in Wien, wurde sie zunächst mit nur 28 Jahren Leiterin der mächtigen Sektion III/Wirtschaftsplanung unter dem damaligen Präsidenten der Bundeswirtschaftskammer, Julius Raab.

Internationales Aufsehen erregte der Fall Ottillinger insofern, weil sie vermutlich als politisches Bauernopfer von 1949 bis 1955 in sowjetischer Lagerhaft verbrachte, bevor 1956 das Urteil gegen sie offiziell aufgehoben und Ottillinger damit rehabilitiert wurde. In Folge wurde die strebsame Frau zur ersten und erfolgreichen Vorstandsdirektorin der ÖMV.
In ihrer Haft hatte sie sich geschworen, eine Kirche zu errichten, sollte sie das sibirische Lager überleben. Dieses Gelöbnis verwirklichte sie in Wien Mauer auf der Fläche der ehemaligen Luftwaffenkaserne am Georgenberg und ließ dort die Wotruba-Kirche errichten.
Eine bewegende Biografie, auf die Bühne gebracht vom Wiener portraittheater und glänzend gespielt von Anita Zieher. Es gibt nur wenige Momente auf der Bühne, die kraftvoller sind als ein guter Monolog. Richtig gemacht, ist es ein Akt der Virtuosität, eine kurze Zeit, in der alles andere wegfällt, außer einer überraschenden Einzelstimme. Man taucht tief ein in die Geschichte, weil Anita Ziehers Spiel nicht nur fesselt, sondern das Publikum zu heimlichen Komplizen macht, keine Sekunde lässt sie los, erzählerisch, spielerisch und manchmal auch dramatisch. Durch den gut geschriebenen Monolog wird man sofort in die Welt, in das Leben und Leiden der Margarethe Ottillinger hineingezogen. Dazu überdecken die Brillanz und Leichtigkeit des Spiels den Kraftakt der Textfülle sowie die schwierige darstellerische Aufgabe dieses Monologs für die Schauspielerin. Zusammengefasst: eine Darbietung von außergewöhnlicher Bandbreite und nuancierter Höchstleistung.



Anita Zieher sagt zu diesem Stück: „Auf der Bühne diese Geschichten zu erzählen, bedeutet für mich, diesen inspirierenden Frauen eine Stimme zu geben und ihr Erbe lebendig zu halten. Das Spielen von Rollen, die auf historischen Figuren basieren, ermöglicht es mir, die Herausforderungen und Errungenschaften dieser Frauen zu erforschen und zu teilen. Es ist eine Gelegenheit, ihre Kämpfe, Triumphe und Errungenschaften in das Bewusstsein des Publikums zu bringen und uns daran zu erinnern, wie wichtig es ist, nicht aufzugeben und eigenen Entscheidungen zu vertrauen. Es ist ein Herzensanliegen von mir, mit den Stücken von portraittheater andere Frauen dazu inspirieren, ihre Ziele zu verfolgen, Hürden zu überwinden und ihre Träume zu verwirklichen.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.

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