ADHS-Medikamente: Ein Thema mit vielen Fragen
In der Schweiz werden immer häufiger Kindern Medikamente gegen ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung) verschrieben. In den vergangenen drei Jahren stieg die Zahl der Verordnungen um etwa 50 Prozent – das bedeutet, dass deutlich mehr Kinder Medikamente wie Ritalin erhalten als noch vor einiger Zeit.

Von Heinrich Frei, Zürich, Schweiz
Schätzungen zufolge leiden in jeder Schulklasse ein bis zwei Kinder unter ADHS, so die Organisation Pro Juventute. Besonders auffällig sind die Unterschiede zwischen den Kantonen: Während im Kanton Neuenburg etwa jeder fünfte Junge zwischen 11 und 15 Jahren ADHS-Medikamente erhält, liegt die Zahl im Tessin rund achtmal niedriger.
Doch ist es wirklich die beste Lösung, Kindern mit Konzentrationsschwierigkeiten oder hyperaktivem Verhalten mit Medikamenten zu „helfen“? Die Diagnose ADHS wird mittlerweile sogar auf ruhige, verträumte Kinder ausgeweitet – besonders bei Mädchen. Das wirft die Frage auf: Sollen wir Kinder, die einfach anders sind, mit Medikamenten „normal“ machen?
Kritische Stimmen: Zu schnelle Diagnosen?
Einige Fachleute sehen die Entwicklung mit Sorge. Sie befürchten, dass heute zu schnell von einer hirnorganischen Störung ausgegangen wird, wenn Kinder unkonzentriert, unruhig oder impulsiv sind. Die Folge? Immer mehr Kinder erhalten psychiatrische Diagnosen und Medikamente, obwohl vielleicht andere Ursachen hinter ihrem Verhalten stecken. Kritiker warnen vor einer „Psychiatrisierung der Pädagogik“: Wenn Lehrer und Eltern Kinder vor allem als „Patienten“ betrachten, die behandelt werden müssen, verlieren sie möglicherweise den Blick für deren individuelle Bedürfnisse. Auch die Kinder selbst könnten das Gefühl entwickeln, mit ihnen sei „etwas nicht in Ordnung“.
Die Psychotherapeutin Dr. Judith Barben und die Psychologin Nadia Müller haben dazu bereits vor 15 Jahren klare Worte gefunden: „Erstaunlicherweise wird die Annahme einer hirnorganischen Störung bei ADHS ohne fundierte wissenschaftliche Belege getroffen. Tatsächlich hat man bis heute keine eindeutigen hirnorganischen Abweichungen bei Kindern mit dieser Diagnose nachweisen können.“
Erziehung und Umwelt spielen eine Schlüsselrolle
Diese Expertinnen betonen, wie wichtig die frühen Lebensjahre für die Entwicklung eines Kindes sind. Ihrer Meinung nach gibt es keine „geborenen Nervösen“ oder „geborenen Unruhestifter“ – vielmehr prägen Erziehung und Umfeld das Verhalten. Ob ein Kind später Schwierigkeiten in der Schule hat, hängt nicht von seiner angeborenen Intelligenz ab, sondern davon, wie es gefördert und begleitet wird.
Um verhaltensauffälligen Kindern besser zu helfen, müsste daher stärker bei den Eltern angesetzt werden – etwa durch gezielte Beratung und Unterstützung. Allerdings fehlt es oft an Therapeutinnen und Therapeuten, die Eltern in Gruppen- oder Einzelgesprächen begleiten könnten.
Was denkst du?
Die Diskussion über ADHS und den Umgang damit ist komplex. Sollten wir mehr auf Medikamente setzen – oder stärker auf Erziehung, Förderung und individuelle Betreuung? Deine Meinung interessiert uns!

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