TOIHAUS Salzburg. „Ein Nacht-Traum-Theater mit Musik“ verspricht Regisseur Arturas Valudskis. Seine neueste Produktion ist eine Hommage an den russischen Poeten Daniil Charms (1905-1942) sowie an einen der bedeutendsten Liedermacher Russlands, Wladimir Wyssozki (1938-1980). Mit traumhaften Bildern begeisterte die surreale Performance bei der Premiere am 12. Jänner 2013 das Publikum.
Von Elisabeth Pichler.
Der begnadete Sprachkünstler Daniil Charms war ein Meister des Absurden. Seine Texte beeindrucken mit schrägem, rätselhaftem Humor. Im sowjetischen Realismus war für diesen unglücklichen Lebenskünstler kein Platz. Nur durch Glück konnten seine Werke (Prosa, Gedichte, Theaterstücke, Anekdoten, Märchen, Dialoge, Kurzgeschichten) gerettet werden.
„Es waren einmal fünf Menschen, die hatten weder Augen noch Ohren. Dafür fehlten ihnen die Beine. Sprechen konnten sie auch nicht, denn sie hatten keinen Mund. Eine Nase hatten sie auch nicht. Sie hatten keinen Bauch und keinen Rücken, kein Geschlecht, auch keinerlei Eingeweide. Nichts hatten sie! Sodass unklar ist, um wen es hier eigentlich geht. Reden wir lieber nicht weiter darüber.“
Auch der Schauspieler, Dichter und Sänger Wladimir Wyssozki hatte große Probleme mit dem sowjetischen Regime, sang der unbequeme Künstler doch über Prostitution, Verbrechen und Antisemitismus. Probleme, die es offiziell nicht gab. Mit nur 42 Jahren starb er an Herzversagen infolge seines unmäßigen Alkoholkonsums. Er gilt in Russland als der größte Liedermacher des 20. Jahrhunderts und wird wie ein Nationalheld verehrt.
„Gebt den Hunden Fleisch und sie werden einander fressen. Gebt den Säufern Wodka und sie werden einander schlagen.
Sie gaben den Hunden Fleisch und sie fraßen einander nicht. Sie gaben den Säufern Wodka und sie tranken am Ende nicht.“
Hinter einem Klavier verstecken sich Geige und Kontrabass. Langsam kommen die Musikinstrumente zum Vorschein, während zuckende Finger wie Kakerlaken darauf herumkrabbeln. Jan Hutter, Gudrun Raber-Plaichinger und Susanne Lipinski, schwarz gekleidet mit weiß geschminkten Gesichtern, nehmen auf einfachen Stühlen Platz und verunsichern das Publikum mit den vorerst etwas gewöhnungsbedürftigen Kurztexten von Daniil Charms. In den nachfolgenden, kleinen skurrilen Szenen kommt dessen absurder Humor voll zur Geltung. Köstlich der Streit mit einem Mann, der einen Korridor versperrt und sich weigert, sein neues Heim aufzugeben. Zwischen den einzelnen Geschichten trägt Arturas Valudskis mit rauchiger Stimme Lieder in russischer und litauischer Sprache vor.
Arturas Valudskis schafft es mit diesem „Nacht-Traum-Theater“, zwei bei uns weitgehend unbekannte, russische Künstlerpersönlichkeiten, die ihn zeit seines Lebens begleitet und sein künstlerisches Selbstverständnis geprägt haben, dem Publikum näherzubringen. Ein schaurig-schöner Abend mit wilden, skurrilen Geschichten und viel Musik.
„ZWISCHEN-ÜBER-FÄLLE-IN ROT“ – Ein Nacht-Traum-Theater mit Musik frei nach Daniil Charms. Toihaus Theater. Regie: Arturas Valudskis. Mit: Arturas Valudskis, Jan Hutter, Gudrun Raber-Plaichinger, Susanne Lipinski. Fotos: TOIHAUS
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