Gebannt von der
ersten Minute an, folgten die Zuhörer dem fesselnden Vortrag der
überzeugenden Persönlichkeit am Rednerpult. Wie geht das, kann man
"überzeugend sein" lernen? Und wie trainiert man eigentlich Charisma?
Der Salzburger Stimmtrainer, Arno Fischbacher kennt die Antwort: "Ganz
bestimmt ist die Stimme, mit der eine Botschaft das älteste und am
weitesten entwickelte Sinnesorgan des Menschen erreicht, sein Gehör, ein
ganz wichtiger Faktor dabei."
Im richtigen Ton kann man alles sagen, im falschen Ton nichts", befand
einst der irische Schriftsteller George Bernard Shaw und griff lieber zur
Feder. Heute helfen Stimmtrainer dabei, lebendig und melodisch,
interessant und pointiert zu sprechen - und trotzdem verständlich zu
reden.
Dass die Stimme viel mehr verrät als die Sprache, betont auch die
österreichische Stimmforscherin und Psychotherapeutin Rotraud A. Perner:
"Wenn ich etwa über die Liebe schreibe, stoße ich an die Grenzen der
Sprache. Wenn ich aber über die Liebe spreche, können die Zuhörer an
meiner Stimme erkennen, ob ich tatsächlich liebe oder nicht."
Besonders bei Telefonaten muss das Gesagte "stimmig" sein. Denn dort
bieten weder Blickkontakt und Körpersprache noch Aussehen, Outfit und
Geruch Orientierung. Hier führen allein die Worte und deren Klang zu
gegenseitigem Verstehen und Verständnis. Hier entscheidet allein die
Stimme, ob die eigene Person Anklang findet. "Der Partner am anderen Ende
der Leitung ist quasi ein halb tauber Blinder: Er sieht weder uns noch
unsere Umgebung und hört uns nur mit einem Ohr“, sagt Ingrid Amon,
Ex-Radiomoderatorin und Autorin des Buches "Die Macht der Stimme". Bei
einem „telefonischen Filter“ offenbare einzig und allein die Tonlage der
Stimme Persönlichkeit und Emotionen, (Un-)Sicherheit, Überzeugungskraft
und Stress. "Der Klang der Stimme verrät schonungslos das tatsächliche
Befinden und die innere Einstellung", sagt Ingrid Amon, "trotz aller
schönen Worte." Somit ist der richtige Ton - im doppelten Sinne - in jeder
Lebenslage ein wesentliches Kriterium für spontane Sympathie oder
Abneigung.
Trotzdem schenken die meisten Menschen diesem so wichtigen Ausdrucksmittel
kaum Beachtung - im Gegensatz zum eigenen Äußeren: Da blicken Frauen wie
Männer jeden Tag in den Spiegel, begutachten und korrigieren ihr Aussehen;
hier zupfen sie ein Strähnchen zurecht, da ziehen sie einen Lidstrich nach
oder prüfen den Sitz der Krawatte.
Doch Kommunikation, so ergaben schon 1972 Forschungen des
US-Sozialpsychologen Dr. Albert Mehrabian, erfolgt eben „nur“ zu 55
Prozent durch optische Reize und zu sieben Prozent durch den Gehalt der
Worte. Die restlichen 38 Prozent werden durch die Tonart vermittelt.
Kein Spiegel für die Tonart
Die Sprechwirkungsforscher Prof. Hartwig Eckert, Universität Flensburg,
sowie John Laver, Universität Edinburg, kamen in ihren Untersuchungen ein
Vierteljahrhundert später zu einem ähnlichen Ergebnis: „Nicht was wir
sagen, sondern wie wir es sagen, ist für die zwischenmenschliche Beziehung
von allergrößter Bedeutung“, schreiben sie in ihrem Standardwerk „Menschen
und ihre Stimmen“.
Gleichwohl wird für das „hörbare Äußere“ kein Spiegel benutzt. Vielmehr
hoffen die allermeisten, auch so stets den „richtigen Ton“ zu finden. Und
sie erschrecken immer wieder, sobald sie sich selbst auf Band oder
Anrufbeantworter hören. Denn die eigene Stimme und Sprache sind längst
nicht so vertraut wie das Aussehen.
Zehn Worte können entscheiden
Kaum jemand aber weiß, was er an seiner Stimme und Sprechweise ändern
kann. Sorgen Sie dafür, dass Sie bewusst wahrnehmen, welche Töne Sie von
sich geben“, rät Amon, die heute das Wiener Institut für Sprechtechnik
leitet, deshalb in ihren Seminaren.
Nur zehn Worte würden genügen, um beim Gegenüber Ablehnung oder Zuwendung
hervorzurufen. Helle Stimmen werden nach jüngsten Erkenntnissen zwar
besser wahrgenommen als dunkle, gelten aber als kindlich und zu emotional.
Dagegen lässt ein tiefer Klang den Sprecher vertrauenserweckend und
kompetent wirken. Vor allem aber sollte die Stimme zur äußeren Erscheinung
passen. Denn, so hat der Schweizer Diplomat Gerard Bauer einmal gesagt,
„die Stimme eines Menschen ist sein zweites Gesicht“.
Karl G. Mayr
Dorfzeitung
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