Beziehungen zwischen Frauen: eine komplizierte Sache. Nur wenig wird
ausgesprochen, vieles geschieht unterschwellig, wie Unterströmungen im
Meer. Von außen kaum sichtbar, und doch bilden sich Strudel, die Schwimmer
ertrinken lassen können.
Petra von Kant, erfolgreiche Modedesignerin mittleren Alters,
frisch geschieden, lebt mit ihrer Bediensteten Marlene in einem
Luxus-Appartement. Einsam und unglücklich, gefangen in sich selbst und
ihren Beziehungen.
Als ihre Cousine Sidonie sie besucht, bringt diese Karin mit: jung,
schön, etwas naiv. Petra verliebt sich sofort in Karin. Bietet ihr eine
Karriere als Model an. Karin, die getrennt von ihrem Ehemann lebt, glaubt
sich im Himmel: eine erfolgreiche Frau, die ihr den Weg in die Welt der
Reichen und Schönen ebnen will. Karin läßt sich von Petra verführen – die
beiden werden ein Liebespaar. Nach einiger Zeit geht Karin aber wieder
ihre eigenen Wege: verbringt ihre Nächte in anderen Betten – mit Männern,
bricht ihre Ausbildung zum Mannequin ab, lebt nur noch in den Tag hinein.
Alles bezahlt von Petra, die Karin verfallen ist. Als Karin zu ihrem Mann
zurückkehrt, bricht Petra zusammen.
Nichts ist mehr von Bedeutung, ihr Leben besteht nur noch aus dem
Warten auf einen Anruf von Karin. Doch Karin ruft nicht an. An Petras
Geburtstag erhält sie Besuch von ihrer Tochter. Auch ihre dominante Mutter
und Sidonie kommen oder besser brechen über sie herein. Es wird wie immer
die liebe Familie gemimt. Durch ihren Schmerz aufgerüttelt, erkennt Petra
jedoch, daß keine der drei Frauen, die bisher ihre Familie waren, ihr
wirklich nahe stehen. Sie befreit sich von den Fesseln altgewachsener
Beziehungen, wirft ihre Mutter, ihre Tochter und Sidonie aus der Wohnung.
All dies beobachtet Marlene, Petras Bedienstete, schweigend. Kein
Wort kommt über ihre Lippen. Marlene spricht nur mit ihren Blicken, mit
ihrer Anwesenheit, mit der Art wie sie durch den Raum schreitet. Es ist,
als ob sie der Verstand von Petra wäre, der schweigend durch den Strudel
der Emotionen wandelt. Hört alles, sieht alles, und schweigt dazu. So wie
der Verstand eben nur schweigen kann, wenn die Gefühle alles
überschwemmen.
Die Beziehungen dieser sechs Frauen zueinander sind nicht nur in
den Handlungen und den Worten zu sehen. Sie zeigen sich auch im Spiel mit
den Schuhen. In seiner Inszenierung macht Bernhard Mikeska damit
symbolhaft die Nähe aber auch die Distanz sichtbar, die Petra für die
anderen Frauen empfindet: An- und Ausziehen der Schuhe, der Wechsel von
Turnschuhen zu schwarzen Lackschuhen, geschlossene Schuhe, offene Schuhe,
all dies begleitet den Wandel der Beziehungen. Ebenso wie der Wechsel von
Kleidung und Haarfarben.
Einzig Petra wechselt weder Kleidung, noch Haarfarbe, noch trägt
sie Schuhe. Erst am Ende, als sie sich innerlich von Karin gelöst und die
verkrusteten Beziehungen zu ihrer Mutter, ihrer Tochter und Sidonie
beendet hat, da nimmt sie ihre weiße Perücke ab und entledigt sich ihres
Designer-Kleides. Am Ende trägt sie nur noch ein einfaches, schwarzes
Kleid – so wie Marlene. Sie kehrt zu sich selbst zurück – sieht ihrem
Verstand in die Augen – ist nur noch sie selbst.
Das E-Bühnen-Ensemble führt das Publikum mit dieser Aufführung
meisterhaft in die Welt weiblicher Befindlichkeiten.
Eine sehenswerte Inszenierung, die nicht nur zeigt, wie schwierig
manchmal Beziehungen zwischen Frauen sind: Mutter- und Tochterbeziehungen,
Freundschaften. Sie zeigt auch den Schmerz und die Qual, die oftmals
Liebesbeziehungen - welcher Art auch immer – anhaftet.
25.09.2003
Michaela Essler Dorfzeitung
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