Howard
Barker:
Anna Galactia -
Scenes from an Execution
„Ihre Bilder
knirschen vor Widerspruch, ihr Geruch ist Schweiß“, sagt Anna Galactias
Konkurrent und Liebhaber, Carpeta.
Ort:
Venedig, die Stadt im Wasser, wörtlich auf die Bühne übertragen. Lässt
doch Regisseur Steffen Höld die Akteure ganz selbstverständlich unentwegt
einen breiten, seichten Wassergraben durchqueren. Aufwändig auch das
übrige Bühnenbild, das sich innerhalb des sich nach hinten verjüngenden
Bühnenraums zwischen raumgroß gestaffelten vergoldeten Bilderrahmen
erstreckt.
Zeit:
16. Jahrhundert, die Ausstattung nimmt abstrakt darauf Bezug.
Nach der siegreichen
Schlacht bei Lepanto wird von der Stadtverwaltung ein Jubel-Gemälde von
300 qm in Auftrag gegeben. Es ist riskant Anna Galactia damit zu
beauftragen, kann man ihren Fähigkeiten unbeschadet trauen? Ein
zweifelhafter Ruf begleitet die Malerin seit jungen Jahren, ihre
Männergeschichten sind ohne Zahl. Doch ist man schließlich bereit,
zwischen bürgerlichen Tugenden und künstlerischen Talenten zu
unterscheiden.
Mit Anna Galactia schuf
Autor Howard Barker die Figur einer leidenschaftlichen Künstlerin,
gleichermaßen begabt mit weiblichen und männlichen Eigenschaften.
Brennender Ehrgeiz, Intuition, Seherblick, Durchsetzungskraft, Energie und
Liebesfähigkeit, ein Amalgam von hoher Explosivität.
Ulrike
Arp, in der Rolle der Anna Galactia, ist keinen Zoll breit bereit ihren
Auftraggebern zu schmeicheln, noch die Schlacht zu verherrlichen, sie
zeigt „Wahrheit, wo Wahrheit nicht erlaubt ist“. Nichts hassen und
fürchten ihre Auftraggeber so sehr, wie die Wahrheit. Dieses
Aufeinanderprallen führt direkt in die Katastrophe. Eilig versucht die
Stadtverwaltung ein neues, ihnen zu Gesicht stehendes Bild zu ordern.
Die mit scharfem
Intellekt begabte, distanzierte Kritikerin Gina Rivera pointiert den
Sachverhalt. Anna Galactias Gemälde öffnet die Augen für die
menschenverachtende Seite der Wahrheit, darauf kann und will politische
Realität keine Rücksicht nehmen.
In Fragen, was kann
oder soll Kunst leisten, wie verhält sich der Rezipient, wer versteht
warum etwas von Kunst, offenbart sich die Verwundbarkeit des Autors dem
Thema Kunst und Gesellschaft gegenüber. Kein alltägliches Stück, eine
stimmige Aufführung.
Ulrike Guggenberger,
Premiere 20. 02. 2007 im Schauspielhaus Saal
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