Thomas Bernhard
Alte Meister
LANDESTHEATER SALZBURG -
PREMIERE: 20.
SEPTMBER2008
IM SALZBURG MUSEUM
MIT:
CLAUDIA DÖLKER, GERHARD HERMANN, HARTMUT SCHEYHING.
INSZENIERUNG: FRANK HELLMUND / KOSTÜME: ALOIS
DOLLHÄUBL / PROJEKTIONEN: GÜNTHER SCHÖLLBAUER
Reger hat sich schon lange aus dem Leben in die Kunst geschlichen.
Er sitzt heute wie vorgestern und übermorgen auf der Bordone-Saal-Sitzbank
im Kunsthistorischen Museum in Wien vor dem Tintoretto Bildnis eines
weißbärtigen Mannes. Just hier hat er auch seine geliebte Frau, die
ihm überraschend in den Tod vorausgegangen ist, kennen gelernt. Wie
so oft ist Reger im Museum auf seinen eigenen „Zuhörkünstler“
Atzbacher und auf sein „Sprachrohr“, den Saaldiener Irrsiegler
angewiesen. Machtvoll drängt aus Reger ein unablässiger Strom
philosophischer, ihn quälender Überlegungen und bohrender
Betrachtungen zu bildender Kunst, Musik, Literatur und Philosophie.
Das Thomas Bernhard Stück „Alte Meister“ wird im Salzburg Museum in
der in den Kellerräumen gelegenen Kunsthalle im Angesicht der
laufenden Ausstellung aufgeführt –
eine Produktion im Rahmen der Reihe „Besonderes Theater an
besonderen Orten“. Das Salzburger Landestheater eröffnet damit die
Saison wieder außer Haus, sucht sich auch in diesem Jahr einen dem
Stück wie auf den Leib geschneiderten Ort.
Reduzierte Requisiten stecken den Bühnenraum ab. Ein Flügel, eine
riesige weiße Projektionswand, eine rote Plüschbank, ein
zerbrochener Krug, aus dem kaum merkbar feiner Sand in einen Kübel
rieselt, hängt in einem Gestell, weitere solche Kübel werden im
Laufe des Abends geheimnisvoll umgereiht, Hochstühle, Gläser mit
Wasser, die Reger immer wieder gereicht werden. Schwarz und beige
die Kostüme. Eine alles beherrschende, konzentrierte Stille, in der
jedem einzelnen Satz Raum gegeben wird.
Kurze, gemessene pantomimische Szenen und musikalische Sequenzen,
fügen sich perfekt in die Monologe Regers und die Kommentare
Irrsieglers und Atzbachers.
Reger, ein Mann, der sich aus seinem „Kindheitsloch“, wie er
zutiefst verletzt sinniert, bis heute nicht befreien konnte,
dekonstruiert mit scharfem Intellekt und bizarr-ätzendem Humor die
Götter des geisteswissenschaftlichen Himmels im westlichen
Kulturraum. Einer nach dem anderen, erscheinen die Köpfe der
Geschmähten jeweils überdimensional auf der Leinwand.
Einzig den Dichter der Romantik, Novalis, hat er allezeit geliebt,
bis heute. An dieser Stelle überkommt Regers Stimme eine zarte
Weichheit.
„Wir lieben das Scheitern, hassen die Vollkommenheit“, zwanghaft
sucht Reger nach den Mängeln, um letztlich daran zu verzweifeln.
Reger hasst dort, wo er liebt, ein ewig Zerrissener im
infernalischen Wüten gegen die ganze Welt.
„Alte Meister“, eine irrwitzige Komödie, darf als Selbstgespräch des
Autors, als einer der schärfsten Kritiker Österreichs und seines
Kulturbetriebes interpretiert werden. Die Aufführung gelingt als
respektvolle Hommage an Thomas Bernhard. Konzept, Ort, Spiel, Inhalt
und Regie erreichen einen hohen Grad an Übereinstimmung.
Ulrike
Guggenberger, Dorfzeitung
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