Ron Hutchinson
Mondlicht und Magnolien
Über eine Komödie mehr sagen zu können
als: War lustig – das heißt schon etwas. Und über „Mondlicht und
Magnolien“ von Ron Hutchinson am Schauspielhaus lässt sich einiges
sagen.
Im Studio des
Schauspielhauses ist ein Büro der Dreißigerjahre aufgebaut, durchaus
konventionell, mit feinem Gespür für Details und Atmosphäre; in diesem
Büro werden sich eineinhalb Stunden lang jene fünf Tage ereignen, in
denen das Drehbuch für „vom Winde verweht“ seine (beinahe) endgültige
Fassung erhält. Produzent David O. Selznick hat – nach Drehbeginn – den
Regisseur des Films und das Drehbuch gleich mit gefeuert. Drehbuchautor
Ben Hecht, der das Projekt retten soll, kennt nicht einmal den Inhalt
des Buches, und so spielen ihm Selznick und der frisch engagierte
Regisseur Victor Fleming die Schlüsselszenen des Romans vor.
Geräuschlos,
zügig besetzen die Schauspieler das Büro, Licht, Aktion: so wird das
ganze Stück sein.
Da ist Elke
Hartmann, die als Miss Poppenghul ihr „Ja, Mr. Selznick“ mit so
unglaublich variablen Untertexten vorbringt, dass man förmlich jedes Mal
einen anderen Wortlaut zu vernehmen meint. Die – oft nur im Hintergrund
sichtbar – die Vorgänge im Büro in Haltungen und genau gesetzten
Aktionen spiegelt und kommentiert. Immer wieder ein Grund, von der
Haupthandlung ab- und zu ihr hinzusehen.
Volker Wahl ist
als Victor Fleming wunderbar fieser, gezielt provokanter Antipode zum
politisch bewussten, an der gesellschaftlichen Realität von Rassismus
und Zensur wütend leidenden Drehbuchautor Ben Hecht des Christoph Kail,
der mit unglaublicher Präzision und Präsenz durch ein Strudelbad an
Gefühlen jagt. Die beiden arbeiten notgedrungen zusammen, ständig auf
der Hut voreinander und ständig auf der Suche nach einer Möglichkeit,
dem anderen aus dem Hinterhalt verbal ins Kreuz zu treten. Dass das
vergnüglich für die Zuschauer ist, hängt mit der Leichtigkeit zusammen,
mit der die beiden Schauspieler ihre Wortgefechte führen, mit der
Ausgeglichenheit der Kräfte und dem enormen Tempo, mit dem immer wieder
das Erwartete nicht passiert – sondern etwas ganz anderes.
Nicht ganz so
farbig wie Kail und Wahl, jedoch mit enormem Einsatz und vom Aussehen
her verblüffend nah am Vorbild spielt Oliver Hildebrandt einen
Produzenten Selznick, der noch überzeugender wäre, merkte man auch ihm
trotz der eingeworfenen Aufputschmittel zwischenzeitlich die
Schlaflosigkeit, die zunehmende Erschöpfung an.
Was diese
Komödie, die seit der deutschsprachigen Erstaufführung im Februar 2007
am Renaissancetheater Berlin in zahlreichen Inszenierungen Furore macht,
auszeichnet, ist die Tatsache, dass sie ihre Komik nicht aus dem
gewohnten Verwechslungsrepertoir bezieht, sondern diese aus der
Konstellation ihrer in einer absurden Situation aufeinander angewiesenen
und in einem konkreten gesellschaftlichen Bezugsfeld verankerten
Protagonisten entwickelt.
Diese Qualitäten
kommen in der flotten, einfallsreichen Inszenierung von Christoph
Batscheider, der übrigens auch für die Ausstattung verantwortlich
zeichnet, stark zum Tragen. Nur selten schrammt sie hart am Klamauk
vorbei, dafür entschädigt sie – ohne sentimental zu werden – mit
berührenden Momenten, etwa wenn Hecht und Fleming ihre Feindseligkeiten
hintanstellen, um Selznick nicht im Stich zu lassen. Sich am Ende gar
versteckte Zeichen der Versöhnung geben. Oder wenn Selznick, von Hecht
darauf gestoßen, nicht länger verdrängen kann, dass er, der sich selbst
als Amerikaner begreift, in der Wahrnehmung seiner Umwelt primär Jude
ist.
Und immer wieder
gibt es schöne Details, die sozusagen am Rande die Geschichte
miterzählen, wie den fortgesetzten Kleinkrieg Hechts und Flemings um den
Platz für die Kopfbedeckung, oder Miss Poppenghuls sich mehr und mehr
auflösende Erscheinung.
Großartig das
Schlussbild, in dem der Saal nur noch vom rot leuchtenden
Hollywood-Schriftzug erhellt wird, die Zuschauer zur Leinwand und die
Schauspieler zu Kinobesuchern werden. Gone With the Wind. Man hätte
gerne noch länger den Schauspielern beim Filmschauen zugeschaut.
Christina Klaffinger,
Dorfzeitung
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