Cordt Winkler: ICH ist manchmal ein anderer

Cordt Winkler

Cordt Winkler | Foto: Goldmann ©Caroline Pitzke

Cordt Winkler: ICH ist manchmal ein anderer

Autor: Cordt Winkler
Titel: ICH ist manchmal ein anderer – Mein Leben mit Schizophrenie
ISBN: 978-3-641-23016-6
Verlag: Wilhelm Goldmann Verlag
Erschienen: 2019

Klappentext:

Cordt Winkler war Anfang zwanzig, als die Diagnose sein Leben auf den Kopf stellte: paranoide Schizophrenie. Symptome, die er in frühen Kindertagen schon bei seinem Vater beobachtet hatte, entdeckte er nun plötzlich auch an sich selbst: Das unkontrollierbare Abgleiten von Denken und Wahrnehmung, Panikanfälle, Verfolgungswahn, Ohnmacht, freier Fall. Klinikaufenthalte.

Ehrlich und mitreißend lakonisch schildert er die Dynamik der psychotischen Krise und führt den Leser tief hinein in seine, von außen betrachtet, phasenweise verrückte Innenwelt. Ein Martyrium für die Betroffenen, ein Rätsel für Angehörige und Freunde und immer noch ein gesellschaftliches Tabu. Cordt Winkler zeigt, dass es möglich ist, mit der Krankheit zu leben. Gut sogar.

Anni Lemberger

Rezension von Anni Lemberger

Cordt hat als Kind und Jugendlicher sehr unter der Schizophrenie seines Vaters gelitten. Als er sich endlich überwinden kann und das Elternhaus kurz vor seinem Zivildienst verlässt, wird er erneut mit einem Krankheitsschub seines Vaters konfrontiert, als dieser ihm beim Umzug hilft. Cordt weiß bis jetzt nicht, dass er die Erkrankung von seinem Vater geerbt hat und sie bald auch sein Leben bestimmen wird.

In seiner Autobiografie geht der Autor auf die Krankheit ein und zeigt, wie er damit umgeht. Im Gegensatz zu seinem Vater bewältigt er seine Erkrankung auf eine ganz andere Art und Weise. Ein Betroffener erzählt aus seinem Leben und nimmt dem Leser die Angst vor einer rätselhaften Erkrankung.

Die meisten Leute denken bei Schizophrenie zuerst an Straftaten und daran, dass die Betroffenen für lange Zeit weggesperrt werden.

Cordt Winkler ist Autor und von Schizophrenie betroffen. In seinem Buch räumt er mit dem Mythos auf, dass schizophrene Menschen generell gefährlich sind. Er beschreibt sehr authentisch und nachvollziehbar, wie es in seinem Kopf aussieht, wenn sein „Gehirn-Tüdeldüt“ alle seine Pläne über den Haufen wirft und er in einem Zustand von Wahn und Gedächtnisaussetzern in eine irreale Welt abdriftet.

Winkler lässt uns außerdem an seinem Leben zwischen Medikamentennebenwirkungen, Medikamentenfreiheit und neuem Krankheitsschub teilhaben. Dadurch wird der hohe Leidensdruck, den er durch die ständige Angst vor dem nächsten Schub hat, nachvollziehbar.

Cordt hat sich von seiner Erkrankung nie unterkriegen lassen. Er hat nie aufgehört, ein erfülltes Leben zu führen. Er trifft seine Freunde, lebt seine Partnerschaft, fährt auf Urlaub, ist berufstätig und beginnt sogar noch ein weiteres Studium, das er erfolgreich abschließen kann. Zwischendurch hat er vier Krankheitsschübe, die ihn aus der Bahn werfen. Er kehrt aber immer wieder zur Normalität zurück und gibt nicht auf.

Winkler sagt, dass das Klischee, alle psychotischen Menschen seien automatisch gefährlich, falsch ist. Dabei muss er einen Mittelweg finden zwischen Medikamenteneinnahme, die einen Rückfall in schizophrene Symptome verhindern soll, aber Nebenwirkungen hat, und Medikamentenfreiheit, die eine erhöhte Lebensaktivität zulässt, das Krankheitsrisiko aber erhöht.

Vor allem ist er aber nicht bereit, sein Leben dem Diktat der Schizophrene unterzuordnen und sucht nach Alternativen.

Ein echt tolles Buch, das den Leser in eine neue, unbekannte Wahrnehmungswelt mitnimmt und dabei das Thema „psychische Erkrankungen“ enttabuisiert. Und: Je mehr wir uns darauf einlassen, desto weniger Angst haben wir.

Was nehme ich aus diesem Buch mit? Psychisch kranke Menschen leben mitten unter uns. Je mehr wir darüber wissen, desto mehr trauen wir uns, sie auch in die Mitte zu nehmen. Ich finde, wir sollten den Mut haben, psychisch kranke Menschen angstfrei am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Schließlich hat der Autor mit der Verschriftlichung seiner Biografie den Mut bewiesen, über seine Erkrankung zu sprechen.


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