Das erste Haus am Platz

Fünfhaus – Max-Ott-Platz 1-2

In der Gründerzeit herrschte in Salzburg eine grassierende Wohnungsnot, die Bevölkerungszahlen gingen ab 1860 steil nach oben, ein Ausweg aus der damit einhergehenden Wohnungsmisere, schien damals nicht in Sicht.

Christoph Koca

Von Christoph Koca
Austria Guide, Kunstspaziergang.com

In der Salzburger Zeitung hieß es: „Es erregte nur die allgemeine Befriedigung, daß entlich einmal Hand an die Vollendung von Fünfhaus gelegt wird, aber es wird eben so allgemein beklagt, daß dieß mit so wenig Kräften und nur bei drei Häusern geschieht, so daß wenig oder keine Absicht vorhanden ist, bis Herbst Ruperti alle diese Häuser beziehbar zu sehen, was zur Abhülfe der noch immer herrschenden, und nur in etwas geringerer gewordenen Quartiernoth doch so sehr wünschenswerth wäre.“ (Salzburger Zeitung. 21.7.1863. S. 2)

Ein probates Mittel zur Bekämpfung der Wohnungsnot war der Bau von Zinshäusern nach Wiener Vorbild. Im Gegensatz zu Wien, wo geschlossene Blöcke mit riesigen Innenhöfen gebaut wurden, wählten die Bauherren Karl Schwarz und Karl Andessner für ihr Fünfhaus einen anderen Weg. Wohl auch, weil eine blockhafte Bebauung aufgrund des polygonalen Grundstücks und der Nähe zur Bahnüberführung gar nicht wirklich möglich oder gewünscht war. „Es findet sich weder der Anspruch auf Repräsentation noch die Betonung einzelner Bauteile durch Dekoration oder Absetzung vom übrigen Körper des Hauses.“ (Krejs, Christiane. Salzburgs Stadterweiterung im 19. Jahrhundert. 1860-1874. Bruch oder Aufbruch in Stadtplanung und Architektur. Band 2. Dissertation. Salzburg. 1990. S. 316)

Fünfhaus im Hintergrund. Stadtarchiv Salzburg. Sing.1222.0221

Fünfhaus im Hintergrund. Stadtarchiv Salzburg. Sing.1222.0221

Charakteristisch für den Historismus war die Zusammenführung mehrerer Häuser zu einem repräsentativen Gebäude. Die fünf Einzelhäuser des Fünfhaus behielten gegen den Trend der Zeit ihre Eigenständigkeit und bildeten trotzdem, wie Krejs betont, eine „… architektonische Einheit …“. Man vermied Monumentalität und versuchte dem Komplex seine Masse und Mächtigkeit zu nehmen. Karl Schwarz bewies bei seinem Entwurf Feingefühl, indem er zurückhaltende, wandhafte Fassaden für das Fünfhaus vorsah, die somit dem alten Salzburger Baustil ähnlich waren. Analog ging er auch beim Urbau des Hotels Österreichischer Hof vor, der ebenfalls auf Schwarz zurückgeht und erst später ein historistisches Kleid und eine dekorative Fassadengestaltung erhielt.

Fündhaus

Das Haus befindet sich an der neuen Zufahrtsstraße zum Hauptbahnhof (die spätere Rainerstraße), auf dem Areal, das von Max-Ott-Platz, Rainerstraße, Humboldtstraße und Ernest-Thun-Straße umrahmt wird | Foto: ©2008 Karl Traintinger

Das Ende 1863 fertigstellte Fünfhaus beheimatete pro Stockwerk je zwei Wohnungen, die sich aus Vorzimmer, Küche, Toilette und drei Wohnräumen zusammensetzten. Das Fünfhaus war eines der ersten Häuser Salzburgs, dass an den Kanal angeschlossen wurde und dessen Wohnungseinheiten mit Toiletten und Bad ausgestattet waren. Insgesamt zählte das Fünfhaus 30 Wohnungen, in der Erdgeschosszone gab es Raum für Geschäfte. „Obwohl Ende 1863 ein Teil des Hauses schon bewohnt war, drohte den Mietern ein Jahr später die Delogierung, da die strengen Anforderungen der geltenden Bauordnung von 1846 nicht ordnungsgemäß eingehalten worden waren.“  (Krejs, Christiane. Salzburgs Stadterweiterung im 19. Jahrhundert. 1860-1874. Bruch oder Aufbruch in Stadtplanung und Architektur. Band 2. Dissertation. Salzburg. 1990. S. 319) Statt mit Stein wurden die Treppen des Hauses in Holz ausgeführt, was den feuerpolizeilichen Richtlinien nicht entsprach. Letztlich führte der Konflikt mit den Behörden zum Bruch der beiden Bauherren. 1865 wurden die Treppenhäuser dementsprechend adaptiert. Unter den Mietern des Fünfhaus war auch der Gründer des Carolino Augusteums (heute Salzburg Museum) Vinzenz Maria Süß.

2011 erhielt das Fünfhaus, nunmehr MOP, ein Facelift nach dem Entwurf von Sophie & Peter Thalbauer. Das Haus erhielt dabei zwei Vollgeschosse und ein zurückversetztes Dachgeschoss. „Alle Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen haben eine intelligente Raumaufteilung und eine überdurchschnittliche Raumhöhe.“ (Salzburger Nachrichten. Lokalteil. 20.8.2011. S. 12) Insgesamt entstanden durch den Bauträger IBT 21 Wohnungen.

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