Brutal monumental

Wohnhochhaus Lehen – Althofenstraße 1

Der Architekt Gerhard Garstenauer war dafür bekannt, bei seinen Bauten die Konstruktion sichtbar zu machen. So verhält es sich auch mit dem Bausparerheim in der Althofenstraße, dass als neue Dominante des Stadtteils Lehen erdacht und 1971 im Stil des Brutalismus fertig gestellt wurde.

Christoph Koca

Von Christoph Koca
Austria Guide, Kunstspaziergang.com

Das elfgeschossige Gebäude, „… dessen Fassade nur aus Balkonen zu bestehen scheint…“ (Salzburger Nachrichten, 21.3.1970. S. 35) steht auf sechs massiven Betonpylonen, die über eine dreistufige Kämpferzone das Gebäude tragen.

Alle 64 Wohnungen, mit Größen zwischen 33 und 100 Quadratmetern, sind nach Osten, Süden und Westen ausgerichtet, im Norden befindet sich das Stiegenhaus. Garstenauer hatte bei dem etwa 38 m hohen Bau die maximale Nutzbarkeit der Grundstückskonfiguration im Auge, weshalb das Gebäude über einen nahezu quadratischen Grundriss verfügt, womit es vom Typus her einem Punkthochhaus entspricht. Zwei Aufzüge dienen der Erschließung der Wohnungen. Die umlaufenden Balkone sollten ein Gefühl der Sicherheit erzeugen und der Erweiterung des Wohnraums ins Freie dienen.

Das von der Firma Stockinger & Reinthaler realisierte Gebäude war „… eines der ersten Bauwerke in Sichtbetonbauweise…“ (Tradition und Moderne: 100 Jahre Salzburger Baugeschichte von 1906 bis 2006. Bauunternehmung Stockinger und Reinthaler. 2006. S. 58) des Landes. Anfang der 2000er führte Stockinger & Reinthaler in Abstimmung mit dem Architekten eine behutsame Renovierung durch. Streng nach dem Prinzip der Materialwahrheit, offenbart das Gebäude seine Bauweise, an mehreren Stellen erkennt man die Spuren der Holzverschalungen, in die der Beton gegossen wurde.

Der verglaste Erdgeschoßbereich vermittelt ein Gefühl von Leichtigkeit und Transparenz. Hier befinden sich auch die zwei Betonreliefs von Slavi Soucek. Die Signatur des Künstlers auf dem Werk spendete der Bauunternehmer Georg Reinthaler. Soucek nimmt in dem Werk Bezug auf die Architektur des Gebäudes, entfernt erinnern die Linien und Formen des Reliefs an eine Stadtansicht, an Straßenzüge, die man aus der Vogelperspektive wahrnimmt.

Der in Wien geborene Soucek war der Sohn eines Ofensetzers. Sein künstlerisches Talent muss früh erkannt worden sein, mit vierzehn Jahren besuchte er bereits eine Malschule. Nach Aufenthalten in Berlin, Barcelona und Madrid wurde er 1931 in Salzburg sesshaft. Wie Anette Eisler in einer Monografie über den Künstler verrät, hat er laut eigener Aussage in den ersten 20 Jahren in Salzburg nur vier Bilder verkauft.

In Salzburg war Soucek Gründungsmitglied und Initiator der 1951 im Posthof gegründeten Salzburger Gruppe, der auch Kay Krasnitzky, Herbert Breiter und u. a. Rudolf Hradil angehörten. Soucek und Garstenauer verband eine tiefe Freundschaft, die in einer fruchtbaren Zusammenarbeit mündete. Gerhard Garstenauer nach Souceks Tod: „Als Mensch bescheiden, in der Gesellschaft völlig integriert und voller Verständnis für seine Mitmenschen, wirkte er jedoch als Künstler unangepaßt und schockierte seine Zeitgenossen durch den Gebrauch von Formen, die jeweils noch in der Kehle steckten.“ (Eisler, Anette. Slavi Soucek.1898-1980. Ein monographischer Überblick. Salzburg. 1998. S. 81)

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