Ein schmuckes Stöckl

Schwarzstraße 18 – Jetzelsberger Stöckl

In der Architektursprache versteht man unter einem Stöckl ein kleines Herrenhaus oder das Nebengebäude eines Schlosses. Ein solches Gebäude befand sich nebst dem Geburtshaus des Salzburger Physikers Christian Doppler, auch Jetzelsberger Haus genannt.

Christoph Koca

Von Christoph Koca
Austria Guide, Kunstspaziergang.com

Der Kunsthändler Jakob Jetzelsberger war um 1900 der Besitzer der beiden Häuser. Der einstöckige Jetzelsberger Anbau entstand wohl in der Biedermeier Zeit und war nach dem Krieg bereits in die Jahre gekommen. Die Assicurazioni Generali kaufte das Objekt und beauftragte den Architekten Josef Becvar (Hotel Europa, Griesgassendurchbruch, …) mit der Planung eines Neubaus. Es folgte ein monatelanges Tauziehen um die Bauhöhe des Vorhabens, da eine Nachbarin lange dagegen Einspruch erhob, sie berief sich dabei auf ein altes Servitut. Ende Jänner 1953 konnten schließlich die Bauarbeiten am Straßendreieck Schwarzstraße – Theatergasse – Makartplatz beginnen. Die Stadt begrüßte das Projekt, sollte doch der Obusverkehr durch die damit einhergehende Verbreiterung der Theatergasse nach der Fertigstellung nicht mehr durch den Sauterbogen geführt werden müssen.

Links: Historische Postkarte aus privater Sammlung

So entstand in der Rekordzeit von nur sechs Monaten das neue Jetzelsberger Stöckl, dass im August 1953 eröffnet wurde. Dies erscheint umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, welche Schwierigkeiten sich bei den Fundamentierungsarbeiten ergaben. Im Untergrund stieß man auf Reste der historischen Stadtmauer. 440 Quadratmeter Mauer mussten umständlich abgetragen werden. Als nicht unproblematisch erwies sich auch die Lagerung des Arbeitsmaterials, da der Obusverkehr während der Bauabrieten bereits über die Theatergasse abgewickelt wurde.

Anspruchsvoll gestaltete sich auch die Umsetzung der dünnen Deckenkonstruktion, die durch die formale Bindung an die Gesimshöhe des Nachbarhauses und die vorgeschriebene Mindestgeschoßhöhe notwendig war. Die gesamte Deckenstärke beträgt lediglich 20 cm. Das dreigeschossige Büro- und Geschäftshaus ist trapezförmig angelegt und ruht auf einer isolierten Betonwanne. An der Schwarzstraßenseite erhielt das Gebäude eine Arkaden-Überbauung, streng genommen handelt es sich um eine Kolonnade. Sie verleiht dem Gebäude eine gewisse Leichtigkeit, die nüchterne Eleganz der Fünfzigerjahre. Becvar versuchte einen Mix aus Tradition und Moderne.

Betrachtet man eine historische Postkarte vom Jetzelsberger Stöckl, erinnert Becvars Entwurf sogar daran, wenn auch neu interpretiert. So sind etwa die Pfeiler im Erdgeschossbereich mit Konglomeratplatten verkleidet. Auch die Verwendung eines Hohlkehlgesimses ist eine Reminiszenz an die klassischen Salzburger Bürgerhäuser. Eher modern muten hingegen die bodentiefen Flügelfenster in den beiden Obergeschossen an, diese verfügen über einen französischen Balkon.

Links: Amtsblatt der Landeshauptstadt Salzburg. Nr. 34., 19.8.1953, S. 7

Zu den Mietern des Stöckls zählte u. a. die Mayersche Musikalienbuchhandlung, heute in der Bergstraße beheimatet, die Creditanstalt und der Friseur Fritz Biewald. In den Salzburger Nachrichten wurde besonders der Salon des Figaros und Bundeskammerrates hervorgehoben, für dessen Innenausstattung sich der Architekt J. A. Jenner verantwortlich zeichnete. „Die Attraktion in dieser Hinsicht bildet zweifellos der neue Friseursalon Fritz Biewald, der auch nach verwöhntesten internationalen Ansprüchen als einmalig bezeichnet werden darf.“ (Salzburger Nachrichten, 13.8.1953. S. 8)

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