Haus der Gesundheit

Eltern-Kind Beratungsstelle, ehem. Gesundheitsamt – Anton-Neumayer-Platz 3

Fast vergessen ist heute, dass die Historie der Stieglbrauerei, die bekanntlich in einer Urkunde bereits 1492 erwähnt wird, hier ihren Ausgangspunkt nahm. Ihren Namen verdankt die Brauerei einer kleinen Stiege, die von der Gstättengasse zum Almkanal führte. Und dass, obwohl es an diesem Ort eigentlich nicht erlaubt war, Bier zu Brauen und auszuschenken.

Christoph Koca

Von Christoph Koca
Austria Guide, Kunstspaziergang.com

„Nach stadtrechtlichen Regeln hätte es auf der Gstetten zwischen den beiden Klausentoren keinen Ausschank geben dürfen.“ (Wiedl, Birgit. Wirtshaus und Brauerei. Aspekte von Öffentlichkeit am Beispiel des Stieglbräus. In: Ammerer, Gerhard; Weidenholzer, Thomas; Rathaus. Kirche. Wirt. Öffentliche Räume in der Stadt Salzburg. Salzburg. 2009. S. 170.) Ihren kometenhaften Aufstieg verdankte die Brauerei einem Bierbrauersohn aus Brandenburg, Michael Gapler, der 1638 die Braumeisterwitwe Maria Risin heiratete und fortan die Geschicke des Hauses lenkte. Er nahm nach dem großen Felssturz von 1669 einen Neubau direkt neben dem, bei der Naturkatastrophe nicht zerstörten alten Stieglbräu, in Angriff. Unter ihm wurde die Stiege zum Markenzeichen und die Brauerei zur einer der wirtschaftlich stärksten des Landes. 1863 verlegte man den Produktionsstandort nach Maxglan.

Das alte Brau- und Gasthaus wurde schließlich abgerissen und 1909 entstand etwas zurückversetzt das Mädchen Realgymnasium der Ursulinen. Nach der Umsiedlung der Ursulinen trachtete die Stadt danach, das Gebäude als neuen Standort für das bis dato in der Dreifaltigkeitsgasse beheimatete Gesundheitsamt umzubauen.

Der Neubau des Mädchen-Realgymnasiums der Ursulinen an Stelle des Stiegl-Brauhauses. Fotosammlung, Stadtarchiv Salzburg. Signaturnr.1207.0412.1

Der Neubau des Mädchen-Realgymnasiums der Ursulinen an Stelle des Stiegl-Brauhauses. Fotosammlung, Stadtarchiv Salzburg. Signaturnr.1207.0412.1

Ausführender Architekt war der Peter Behrens Schüler Erich Horvath, der bei der Außenwirkung des Gebäudes konservativ vorging und es an den Charakter der Salzburger Altstadthäuser anglich. Die Stadt ließ sich das Vorhaben, mit dem im Sommer 1958 begonnen wurde, einiges kosten. 5,5 Millionen Schilling verschlang die ca. einjährige Sanierung des fünfgeschossigen Gebäudes. Die Fußböden wurden entfernt, Zwischenwände eingerissen, Durchbrüche geöffnet und das Haus erhielt ein neues Blechdach. „Als bemerkenswertes Detail ist die bereits in Angriff genommene Unterfangung des Gebäudes zwecks Auflösung in Arkaden an der Ecke Anton-Neumayer-Platz/Stieglgäßchen, wo der Haupteingang hinkommt, zu bezeichnen.“ (Salzburger Nachrichten, 21.8.1959. S. 3)

Aufgrund der durch den Verkehr bedingten Platznot musste der Gehsteig durch die Arkaden geführt werden, die auf einer 7×7 Meter großen Fläche aus je zwei Rand und einer Mittelsäule bestehen und in Konglomerat ausgeführt wurden. Etwa 45 Arbeiter waren in den Sommermonaten 1959 damit beschäftigt, die 90 Räume des Komplexes auf Vordermann zu bringen. „Bei Ausmalung der Räume wurde versucht, den neuen Gesichtspunkten der Farbenpsychologie gerecht zu werden.“ (Amtsblatt der Landeshauptstadt Salzburg, 25.12.1959. S. 4) Interessant erscheint aus heutiger Sicht die Lösung der Fensterrahmungen, sie sind nach dem Vorbild Michelangelos mit „Fensterohren“ versehen. Das von Landeshauptmann Klaus im Oktober 1959 eröffnete Gesundheitsamt beheimatete eine Mutterberatungsstelle, die Tbc-Fürsorge und u. a. eine Krebsambulanz.

Die künstlerische Ausgestaltung unter dem Titel das „Gesunde Leben“ der Eingangshalle erfolgte im August 1959 durch den Salzburger Maler Wilhelm Kaufmann. Sein Vater war Leiter der evangelischen Schule nächst der Christuskirche in Salzburg. Nachdem sein Talent früh entdeckt wurde, erhielt er ein kleines Stipendium und studierte an der Akademie in Wien. Zusammen mit Theodor Kern half er Anton Faistauer bei der Umsetzung der Fresken in der Morzger Pfarrkirche. Kaufmann war oft auf Reisen, vier Jahre lebte er in Winnipeg, Kanada, mehrmals war der mit Albert Schweitzer befreundete Kosmopolit in Afrika. Die Wandmalerei im ehemaligen Gesundheitsamt zeigt den für Kaufmann so typischen bilderbuchartigen Erzählstil.

Kaufmann behandelt darauf in gekonnter Manier das Thema Gesundheit, ein Motiv, das sich dabei auf der Malerei mehrmals wiederholt, ist das Wasser. Es begegnet uns in Form eines Wasserfalls bzw. bei einem Trinkenden oder bei dem in den Wellen schwimmenden Knaben. Vor der angedeuteten Stadtkulisse mit der Festung im Hintergrund entfaltet sich eine paradiesische Szene mit einem Blumenmeer und einem in der Wiese schlafenden Mädchen. Unbekleidet, so wie Gott sie schuf, erfreuen sich die Menschen auf dem Wandbild an der Natur. Man entdeckt eine Rehfamilie, eine Szene, die Kaufmann ganz ähnlich Jahre später im St. Johannspital noch einmal umsetzen wird. Übergroß präsentiert sich eine Art Sonnengöttin, zu ihrer rechten säugt eine Mutter unter einem Lebensbaum mit reifen Früchten ihr Kind. Heute beheimatet das Gebäude das Haus für Kinder, Jugend und Familie.

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