Tipps für ein glückliches Leben
Éric-Emmanuel Schmitts Parabel über Toleranz, Weisheit und Güte, eine Kooperation von Wald4tler Hoftheater NÖ und Theater Chronos Salzburg, ist nun auch im Kleinen Theater zu erleben.
Edi Jäger schlüpft in die Rolle von Moses, der in dieser Fassung nicht in Paris, sondern in der Leopoldstadt, dem 2. Wiener Gemeindebezirk, einen Gemischtwarenladen betreibt und erzählt in einem grandiosen Monolog von seiner schwierigen Kindheit und der Freundschaft mit Ibrahim, dem weisen „Araber an der Ecke“. Als Dank für einen angenehm entspannenden, von Hanspeter Horner gefühlvoll in Szene gesetzten Theaterabend gab es bei der Premiere am 10. Mai 2024 stürmischen Applaus.
Moses strahlt übers ganze Gesicht, denn er ist hier in seinem Krämerladen einfach glücklich. Das war aber nicht immer so. Als Kind lebte er allein mit seinem Vater, einem depressiven, geizigen und unnahbaren Rechtsanwalt. Seine Mutter war kurz nach seiner Geburt mit seinem älteren Bruder Popol einfach verschwunden. Auf der Suche nach Wärme und Liebe landet der kleine Moses schließlich in der Novaragasse bei den Prostituierten und bei Ibrahim, dem freundlichen und weisen Araber, der dem Sufismus nahesteht, dem poetischen Pfad zu Gott. Ibrahim spricht zwar nicht viel, aber seine Tipps sind Gold wert: „Es ist das Lächeln, das weiterhilft und glücklich macht!“ Moses befolgt diesen Rat und es funktioniert wirklich, nur leider nicht bei seinem Vater.
Als sein Vater arbeitslos wird, wirft er sich verzweifelt vor einen Zug und lässt Moses allein zurück. Ibrahim adoptiert den Jungen und so hat Moses endlich einen richtigen Vater. Gemeinsam machen sie sich auf eine Reise zum „Goldenen Halbmond“, Ibrahims Heimat in Anatolien. Die Fahrt geht quer durch Europa, bis sie schließlich bei den Sufis, den „Hippies der Moslems“, landen. Jetzt ist Ibrahim wirklich angekommen. Die Heimreise muss Moses daher alleine antreten. In Wien wartet eine Überraschung auf ihn, denn plötzlich steht seine Mutter vor der Tür. Ihr stellt er sich allerdings als Mohamed vor, schließlich ist er jetzt der „Araber an der Ecke“.
Edi Jäger ist an diesem Abend schwer beschäftigt. Er verkörpert nicht nur den kleinen jüdischen Buben Moses und den muslimischen Ladeninhaber Ibrahim, sondern auch noch jede Menge typisch Wiener Figuren wie Hausmeister, Beamte und Autoverkäufer. Den Wiener Dialekt mit seinem charmant verpackten Humor beherrscht er perfekt. Als Ibrahim gibt er den gütigen Berater, der aber auch ein schlitzohriger Mentor sein kann und Moses erklärt, wie man durch kleine Mogeleien Geld sparen kann. In dieser berührenden Geschichte treffen zwei sehr unterschiedliche Religionen ungewohnt freundschaftlich und friedlich aufeinander. So ist es kein Wunder, dass Moses schließlich aus voller Überzeugung als Mohamed Ibrahims Geschäft übernimmt.
Éric-Emmanuel Schmitts Stück über eine ungewöhnliche Freundschaft ist heute bereits ein Klassiker und wird gerne als Lektüre für den schulischen Französischunterricht verwendet. Die völkerverbindenden, philosophischen Botschaften werden subtil und mit viel Humor serviert, sodass der Theaterabend ein Gefühl der Wärme hinterlässt. Danke Edi Jäger und dem gesamten Team von Theater Chronos!
„Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ – Éric-Emmanuel Schmitt. Eine Kooperation von Wald4tler Hoftheater NÖ und Theater Chronos Salzburg. Regie: Hanspeter Horner. Bühne: Klaus Gasperi. Musik: Moritz Hierländer. Schauspiel: Edi Jäger. Fotos: Reinhold Hartl-Gobl
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Liebe Elisabeth Pichler,
ich möchte mich herzlich bedanken für diese Kritik, das freut mich – wie auch das ganze Theater-Chronos Team – wirklich sehr!
Es ist ja nicht im Geringsten selbstverständlich, dass über freie Theaterprojekte inhaltlich berichtet wird!
Umso mehr ist das für alle Beteiligten dieser Produktion, die sehr intensiv und leidenschaftlich daran gearbeitet haben, eine Anerkennung und Wertschätzung, die, wie gesagt, zu großer Freude und ausgiebigem Lächeln im Team geführt haben!
Schönen Sommer, mit herzlichen Grüßen
Edi Jäger
theater-chronos.com