Das Bäckerhaus

Ehem. Bäckerei Bacher – Willibald Hauthaler Straße 12

Hier, an der Bäckerei Bacher Kreuzung, endete das Reich meiner Kindheit, erzählt der in Aiglhof aufgewachsene Schriftsteller Karl Markus Gauß.

Christoph Koca

Von Christoph Koca
Austria Guide, Kunstspaziergang.com

1931 entstand an dem markanten Kreuzungspunkt das Bäckerei- und Wohnhaus Bacher, nach Plänen der Architekten Hermann Rehrl und Franz Spindler, an dessen Erker sich das Bäckersgraffito des Karl Reisenbichler befindet. Das Architektenduo hat kurz davor auch an dem Vorprojekt zur heutigen Elisabethkirche mitgewirkt. Aus Geldmangel wurde der Kirchenbau – lediglich das Untergeschoss konnte fertig gestellt werden – schließlich gestoppt. In der Bevölkerung erhielt die notdürftig mit Brettern zugedeckte Kirche daraufhin den Namen „Almhütte“.

An der Willibald Hauthaler Straße gelang den beiden Baukünstlern ein für die damalige Zeit sehr modern anmutendes Haus. Eine Hohlkehle und ein hohes Dach sucht man hier vergebens. Auffällig an dem viergeschossigen Bau ist, dass jede Fassadenseite andere Balkon- und Erkerlösungen aufweist. Man entdeckt rechteckige Balkone, einen keilförmigen Erker, Rechteckerker, eine Loggia und besonders prominent an der Kreuzungsseite den geschwungenen Erker mit weißen Gesimsbändern.

In einer Zeitungsannonce aus dem Jahr 1933 bewarb der Bäckermeister Franz Bacher eine 3-Zimmer Wohnung mit Bad für die monatliche Miete von 120,- Schilling (Salzburger Chronik, 18.11.1933. S.15). Architekt Hermann Rehrl diente im Ersten Weltkrieg beim k. u. k. Infanterieregiment Nr. 59 Erzherzog Rainer und studierte nach dem Krieg von 1919 bis 1921 an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Die erste große Bewährungsprobe für den noch jungen Architekten, war die Übernahme der Bauleitung für den Bau des ersten Festspielhauses. Später war Rehrl Direktor der Gewerbeschule und maßgeblich an der Gründung des Rainer Museums beteiligt (Vgl. Nachruf Salzburger Nachrichten, 3.12.1976. S. 6).

Auch Karl Reisenbichler, der Erschaffer der Bäcker Sgraffitos, war im Ersten Weltkrieg im Rainer Regiment als Kriegsmaler im Einsatz. Möglich, dass sich Reisenbichler und Rehrl vom Kriegsdienst kannten. Mit 27 Jahren wurde der gebürtige Oberösterreicher in Salzburg sesshaft, hier machte er sich in den späten 1920er Jahren durch die von ihm entwickelte Methode des Neosgraffitos einen Namen.

Seine Arbeiten findet man an zahlreichen Orten der Stadt. Mit dieser Technik war es möglich, Freskos zu schaffen, die der Witterung standhielten. Dabei wurden mehrere feuchte Farbputzschichten übereinandergelegt, durch Scharben, Kratzen und Bürsten entstand so ein mehrfarbiges, reliefartiges Wandbild. Wie bei dem Bäcker Sgraffito, findet man auch bei anderen Arbeiten Reisenbichlers selbstverfasste Gedichte.

Brauchtum, Bauern und Arbeiterszenen bestimmen das Werk des Künstlers, der heute aufgrund seiner Nähe zum Nationalsozialismus eher kritisch gesehen wird. So ist der stark von Egger Lienz beeinflusste Reisenbichler auch für die Gestaltung von Drucksorten anlässlich der Volksabstimmung über den Anschluss des Bundesland Salzburgs mit dem Deutschen Reich im Jahr 1921 bekannt. Unklar bleibt, von wem er den Auftrag dazu erhielt, da alle Parteien für den Anschluss votierten.

In der NS-Zeit wurde Reisenbichler, der in den 1920er Jahren auch Verbindungen mit der „linken“ Wassermann Bewegung Faistauer und Hartas pflegte, zum höchsten Kunstfunktionär des Gaus. Nach dem Krieg lebte er zurückgezogen und verarmt in Großgmain. An der Wand der dortigen Volksschule findet man den „Bauernkalender“, sein letztes Werk, das aber künstlerisch nicht mehr an seine früheren Schöpfungen herankommt.

Weiterführender Link zu Karl Reisenbichler >

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