„Obszöne Fabeln“ – In der SPIE(ge)LBAR beim Salzburger Zwergerlgarten

Obszöne Fabeln

Das Theater ecce und Reinhold Tritscher präsentieren mittelalterliche Spielmannsdichtung von Dario Fo und seiner Partnerin Franca Rame in szenischen Monologen. Jurij Diez und Marena Weller schlüpfen in die unterschiedlichsten Rollen und kommentieren gleichzeitig das skurrile Geschehen. Ein ganz spezieller Theaterabend voll „Schamlosigkeit und Poesie“, lustvoll in Szene gesetzt von Gerard Es. Die umjubelte Premiere fand am 22. August 2024, einem lauschigen Sommerabend, statt.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Jurij Diez entschuldigt seine Kollegin, denn sie sei im Moment etwas unpässlich. Er stärkt sich mit einem Energy-Drink und der verleiht ihm doch tatsächlich Flügel. Nun kann er als Engel einen Psalm anstimmen: „Am Tage des jüngsten Gerichtes wird kommen derjenige, der erschaffen hat Himmel und Erde…“ Und das Publikum singt fleißig mit. Dann erscheint leicht angesäuselt Marena Weller. Sie reißt ihm ein paar Federn aus, verwandelt sich in ein Huhn und legt gekonnt ein Ei. Sie ist wirklich schwer betrunken, kommt sie doch direkt von der Hochzeit von Kanaan und da ging es hoch her. Diese grandiose Wein-Geschichte erzählt sie uns natürlich gerne. Sie ist der Meinung, hätte Gott den Wein früher erfunden, säßen wir heute alle noch im Paradies, der Apfel wäre keine Option gewesen.

Nach einer halben Stunde heißt es: „Das war’s. Sie können nach Hause gehen!“ Da niemand diese Aufforderung wirklich ernst nimmt, dürfen wir den „Aufstand in Bologna“ im Jahre 1334 miterleben. Damals griff das geknechtete Volk zu schmutzigen Mitteln, um die Herrschaft, die sich in einer Festung verschanzt hatte, zur Aufgabe zu bewegen. Ob dem frommen Kardinal wohl die Flucht ans Meer gelingen wird?

Nachdem das alles wohl nicht obszön genug war, werden wir in die Pause geschickt. Das Duo will sich noch etwas Passendes überlegen. „Das Flattermäuschen“ hat es dann wirklich in sich. Ein Priester, genannt der Fuchs, will seine junge Freundin Alessia mit einem einfältigen Ziegenhirten verheiraten, um so den Schein zu wahren. Das kann nicht gut gehen, mischt doch eine Hexe mit, die bei Vollmond einen toxischen Cocktail braut und damit den armen Schäfer in einen sehr potenten Esel verwandelt. Ob er so nun bei Alessia punkten kann und sie ihn endlich mit ihrem „Flattermäuschen“ spielen lässt?

Es sind wirklich schräge Geschichten, die uns Dario Fo und Franca Rame präsentieren. Jurij Diez und Marena Weller begeistern mit total überzogener Gestik und Mimik. Die beiden verwandeln sich ständig und brauchen dazu kaum Requisiten. Ein kleines Tuch auf dem Kopf und schon wird aus Jurij mit frommem Blick die Gottesmutter. Hinreißend und ganz entzückend auch sein Esel, eine absolute Meisterleistung. Auch Marena schlüpft in die unterschiedlichsten Rollen, glänzt als fieser, geiler Priester, als Schwiegermutter und Holzfäller und hat als Hexe einen wahrlich berauschenden Auftritt.

Dario Fo erhielt 1997 den Nobelpreis für Literatur. Die Schwedische Akademie lobte Fo als einen Schriftsteller, „der den Hofnarren des Mittelalters nacheifert, indem er die Autorität geißelt und die Würde der Unterdrückten aufrechterhält“. Die intime SPIE(ge)LBAR des Theater ecce bildet den absolut passenden Rahmen für dieses weltliche Mysterienspiel, in dem die Obrigkeit gar nicht gut wegkommt. Ein tolles Kontrastprogramm zu den anstrengenden Festspielaufführungen, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Weitere Aufführungen bis 8. September 2024 im Salzburger Zwergerlgarten und dann auf Schloss Ritzen.

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