WhatsApp Stories

WhatApp Stories

In den Kammerspielen wird gechattet

Die israelische Autorin und Regisseurin Ronnie Brodetzky ist bereits zum dritten Mal im Salzburger Landestheater zu Gast. Nach „Aquarium“ und „1001 Tutorials“ hat sie diesmal WhatsApp-Sprachnachrichten gesammelt und daraus ein amüsantes, aber oft auch berührendes Theaterstück gebastelt. Die Premiere am 26. September 2024 verleitet dazu, die eigenen Mails am Handy auf Peinlichkeiten zu überprüfen. WhatsApp ist zwar eindeutig praktisch, kann aber ein Gespräch sicher nicht ersetzen.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Das Stück ist vor dem 7. Oktober 2023 entstanden. Es kommt aber ganz klar zum Ausdruck, dass es in Israel niemals wirklich friedlich war. Wir dürfen familiäre Streitigkeiten, Anbahnungsversuche, Beschwerden bei Ämtern, aber auch WhatsApp-Gruppen, die für den Frieden kämpfen, erleben. Eine esoterisch angehauchte Mutter (großartig durchgeknallt Tina Eberhardt) nervt ihre Kinder. Sie teilt ihnen zwar mit, dass sie gleich ins Bett gehen werde, aber zuvor gibt es noch einiges zu klären. Sie will mit ihrem neuen Freund eine Psycho-Praxis eröffnen und das wird nicht billig. Das Erbe werden sie sich wohl abschminken können.

Ein junger Mann sucht einen Partner, diesmal etwas Ernstes. Doch irgendwie passen die zwei nicht richtig zusammen. Als er gesteht, dass er Vegetarier ist, bricht die Verbindung plötzlich ab. Ein frustrierter Künstler (Marco Dott) läuft seinem Honorar für eine Performance auf der Universität nach. Er wird ständig vertröstet, nach fast einem Jahr hat er sein Geld immer noch nicht. Ein junges Pärchen hat hingegen ganz alltägliche Probleme: „Wo sind meine Kopfhörer? Hast du Klopapier gekauft? Warum sperrst du dein Fahrrad nie ab?“

Eine strenge Sicherheitsoffizierin (Larissa Enzi) zeigt detailliert die Missstände in einem Kindergarten auf. Warum schleichen hier dauernd verdächtige Personen herum? Oder sind es doch nur arabische Arbeiter? Man kann nie vorsichtig genug sein. Das Publikum wird zu einer Friedensdemonstration eingeladen. Es wird empfohlen, Yogamatten mitzunehmen, denn es sind „Kopfstände für den Frieden“ geplant. Ein Mitglied dieser Gruppe hält nicht viel davon. Er findet, dass das Anzünden einer Bank viel effektiver wäre. Dieser Vorschlag führt dazu, dass sich die Gruppe nach und nach auflöst. Der Fahnenschwenker aber gibt nicht so schnell auf, er hat ja noch das Publikum auf seiner Seite. Phillip Henry Brehl, Marco Dott, Tina Eberhardt, Larissa Enzi, Lisa Fertner und Abel Haffner schlüpfen in die unterschiedlichsten Rollen und verschwinden immer wieder hinter einem schrill beleuchteten Fransenvorhang (Bühne und Kostüme: Ruth Miller).

Die in Israel schon vor dem 7. Oktober 2023 schwelenden Konflikte kommen in diesem Stück ganz klar zum Ausdruck, die Angst vor Anschlägen war demnach schon immer präsent. Ein beschwingter Abend, der mit flotter Musik der israelischen Singer-Songwriterin Noga Erez für beste Stimmung sorgt und dazu führt, die eigenen WhatsApp-Gewohnheiten zu überprüfen. Ronnie Brodetzkys Stücke sind stets ein Garant für einen amüsanten Theaterabend, denn sie servieren eigentlich Alltägliches mit viel Humor.

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