Schmetterlinge zählen

Schmetterling

Kaisermantel (Argynnis paphia) am blühenden Fliederstrauch | Foto: Karl Traintinger

In Zeiten wie diesen kann man das Verantwortungsbewusstsein von Leonore Gewessler und Othmar Karas gar nicht genug wertschätzen. Über Parteigrenzen hinaus setzen die beiden sich für die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder ein.

Leo Fellinger

Von Leo Fellinger

Das Renaturierungsgesetz, dem Leonore Gewessler in Luxemburg zugestimmt hat, ist eines der wichtigsten Zukunftsvorhaben der EU. Darum war auch dieser umstrittene Schritt der Umweltministerin notwendig und unvermeidbar, denn die Bevölkerung wurde wochenlang mit gezielten Falschaussagen in die Irre geführt, vor allem, um die Angst zu schüren.

Ein Beispiel: „Durch das EU-Renaturierungsgesetz sollen Landnutzer*innen enteignet werden, zum Beispiel über die Stilllegung von Ackerflächen. Das gefährdet unsere Ernährungssicherheit“ (ÖVP). Richtig ist: Verpflichtende Stilllegungen sind in der Verordnung nicht vorgesehen. Das Argument der Enteignung ist also ein reines Märchen, wie auch die Mär vom Schmetterlingszählen der Bauernschaft. In vielen Fällen ist sogar eine aktive Landbewirtschaftung wie Beweidung notwendig, damit die Renaturierung funktioniert. Ein Beispiel von vielen, die wir als Bürger*innen erleben und ertragen müssen, denn die Liste geht munter weiter: Verhinderung einer Dekarbonisierung des Verkehrs und der Antriebswende durch Streuung von substanzlosen Gerüchten um e-Fuels, und das, obwohl der Verkehrssektor in Österreich zu den Hauptverursachern von Treibhausgasen zählt.

Tempolimits gehören übrigens auch zu den Themen, die einfach umzusetzen wären, aber verhindert werden. Dazu kommt: Österreich hat seit mehr als drei Jahren kein Klimaschutzgesetz – obwohl ein Entwurf dafür schon lange vorliegt. Das Gesetz werde „überhöht in der Bedeutung“, meint der Bundeskanzler. Kann man die Heilung der Welt und die Sicherung einer lebenswerten Zukunft der nächsten Generationen in seiner Bedeutung überhöhen? Ich glaube nicht.

Das Auto ist ein weiterer Zankapfel. Die Leidenschaft, mit der sich die ÖVP dem Verbrenner widmet, ist schier atemberaubend. Sie will Europa zum „Weltmarktführer beim Verbrennungsmotor“ machen. Die Volkspartei will laut Wahlprogramm trotz EU-Verbots ab 2035 den Verbrennermotor in Europa gezielt fördern. Abgesehen davon, dass die alles „abgeschrieben“ klingt, nämlich von FPÖ oder auch von CDU und Sarah Wagenknecht in Deutschland, ist es atemberaubend, wie sehr sich eine Partei gegen Fortschritt und CO2-Abbau stemmen kann, allen Expertenstimmen zum Trotz. Das Verbrennerverbot gilt laut Klimafachleuten als ein Meilenstein. Denn der Straßenverkehr ist ein Problemfeld in der Klimapolitik – die Emissionen sind eher am Steigen wie am Sinken.

Ein rascher Umstieg auf E-Autos soll es schaffen, dass die Straße klimaneutral wird. Darum hat der EU-Rechnungshof erst vor kurzem den Ländern die Rute ins Fenster gestellt: Der Umstieg auf E-Technologie geht viel zu langsam vor sich. Fakt ist: Benziner und Diesel verschwinden. Wasserstoff und E-Fuels sind aufgrund ihres verheerenden Wirkungsgrades und der damit verbundenen Stromverschwendung keine Alternativen.

Global setzen alle großen PKW-Konzerne auf Elektromobilität. Die Industrie hat sich schon entschieden und ist da schon viel weiter als die ÖVP, deren Initiative da eher wirtschafts- und fortschrittsbehindernd daherkommt. Dabei gäbe es unendliche Chancen: Gezielte Förderung der österreichischen Auto-Zulieferindustrie bei der Transformation von alten auf zukunftsträchtige Technologien wäre nur ein Vorschlag. Scheitert alles an der Zukunftsfeindlichkeit der ÖVP.

Bleibt nur die Antwort auf die Frage (eine Metapher sei erlaubt): Wie schnell kann man im Rückwärtsgang eigentlich fahren? Technisch eigentlich genauso schnell wie vorwärts. Oft wird der Rückwärtsgang aber aus Sicherheitsgründen technisch begrenzt. Und gesetzlich ist das Rückwärtsfahren sowieso nur in Schrittgeschwindigkeit erlaubt …

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