„Dramolette“ – Doppelabend in den Kammerspielen

Junge Autorinnen und Autoren des Studiengangs szenisches Schreiben an der Universität der Künste in Berlin haben sich intensiv mit Thomas Bernhards in den Jahren 1977 bis 1981 entstandenen Dramoletten auseinandergesetzt. Mit ihren Miniaturen „Imma nu schee“, in denen es um Ausländerfeindlichkeit und Faschismus geht, beginnt der zweiteilige, schaurig-schöne Theaterabend, an dem reichlich Gift versprüht wird.

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Von Elisabeth Pichler

Der aus Haiti stammende Wirt bedient freundlich lächelnd seine Gäste, doch die Gastgartenidylle täuscht. Zwei geschwätzige Damen wissen genau, dass das Wort Zigeuner politisch höchst unkorrekt ist, so ziehen sie eben über Sinti und Roma her.

Ein tadellos gekleideter Herr regt sich über eine bettelnde Chinesin auf und zwei aggressive Polizisten werden handgreiflich. „War nur ein österreichischer Unfall.“ Herr und Frau Obrigst gehen davon aus, dass dieser völlig unkontrollierte Flüchtlingsstrom endlich gestoppt werden sollte – und zwar „aus Nächstenliebe“.

Makaber das Training eines Pädophilen auf einem Kinderspielplatz, bitterböse „Der deutsche Kreißsaal“, in dem der Arzt den jungen Eltern auf die Frage: „Was ist es denn?“, resigniert antwortet: „Tut mir leid, ein kleiner Fascho.“

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Nach der Pause kommt Thomas Bernhard zu Wort. In „Maiandacht“, einem Volksstück, das der Autor seiner Kindheitsstadt Traunstein gewidmet hat, stehen zwei fromme Frauen (grandios Britta Bayer und Eva Christine Just) lästernd am Grab eines honorigen Herren und werfen dem jungen Herrn Pfarrer lüsterne Blicke zu.

Zur Höchstform läuft Britta Bayer als Polizistengattin in „Match“ auf. Während ihr Gatte (Axel Meinhardt), in der einen Hand die Fernbedienung, in der anderen eine Flasche Bier, wortlos auf den Bildschirm starrt, lässt sie beim Stopfen seiner Uniform ihren…

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