The Effect – Wahre Liebe oder nur Nebenwirkungen?

The Effect – Wahre Liebe oder nur Nebenwirkungen?

Das Schauspielhaus Salzburg startet mit einem intelligenten, provokanten Stück der vielfach ausgezeichneten englischen Dramatikerin Lucy Prebble in die neue Saison. Das 2012 mit großem Erfolg in London uraufgeführte Drama setzt sich kritisch mit Medikamentenversuchen auseinander und regt zum Nachdenken an.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Viel Applaus für ein grandioses Schauspielquartett sowie das Leading Team bei der Premiere im Studio am 14. September 2024.

Das Aufnahmeritual der Probanden

Das Publikum sitzt auf beiden Seiten der Bühne (Ausstattung: Ilona Glöckel) und beobachtet aufmerksam das Aufnahmeritual der beiden Probanden, Connie und Tristan. Während Connie zum ersten Mal an einem Arzneimitteltest teilnimmt und daher leicht verunsichert wirkt, ist das eigenwillige Prozedere für Tristan bereits Routine. In der klinischen Studie, bei der es um ein neues Supermedikament gegen Depressionen geht, müssen die Teilnehmer ihre Handys abgeben, damit sie vier Wochen lang, abgeschottet von der Außenwelt, die Wirkung des Medikaments ungestört testen können. Schon bei der Aufnahme kommen sich Connie und Tristan, beide mit Urinbechern in der Hand, allmählich näher.

Geheime Kommunikation und verbotene Treffen

Tristan ist ein alter Hase, hat natürlich noch weitere Handys dabei und so kann er bald schon mit Connie heimlich kommunizieren und ordentlich flirten. Spaß macht den beiden ein verbotenes Treffen zu einer Rauchpause im Nebengebäude, einer ehemaligen psychiatrischen Anstalt. Das bleibt natürlich nicht unbemerkt und Frau Dr. Lorna James ist davon gar nicht begeistert. Auch ihr Chef, der smarte Dr. Toby Sealey, sieht die Tests gefährdet, denn echte Gefühle und Emotionen könnten die Ergebnisse verfälschen. Der arrogante Doktor und die frustrierte Ärztin kennen sich von früher und auch bei ihnen liegen erotische Spannungen in der Luft. Wer von den beiden Probanden bekommt nun aber wirklich das Medikament und wer nur ein Placebo? Kann man den Gefühlen trauen oder sind das vielleicht wirklich nur Nebenwirkungen?

Die Darsteller und ihre Rollen

Jens Ole Schmieder gibt den schwer von sich eingenommenen Oberarzt und Sunnyboy Dr. Toby Sealey, der gerne mit dem Gehirn seines verstorbenen Vaters, eines bekannten Herzchirurgen, spielt. Dieser war schwer enttäuscht, dass sein Sohn nur Psychiater, das „Aschenputtel der medizinischen Disziplinen“, wurde. Tanja Kuntze überzeugt als gekränkte, enttäuschte Ärztin, die selbst unter Depressionen leidet. Wolfgang Kandler brilliert als Tristan, ein liebenswerter, etwas naiver, aber sehr charmanter Herumtreiber, der mit Begeisterung an diesen Tests teilnimmt. Leonie Berner traut als vorsichtige Psychologie-Studentin Connie seinen Liebesschwüren nicht. Eine Aussprache mit der Ärztin führt zu einem Gefühlschaos, das schwerwiegende Folgen nach sich zieht.

Eine rasant inszenierte Auseinandersetzung mit der Medizin

Dora Schneider inszeniert das faszinierende, die Grenzen der Medizin aufzeigende Stück äußerst rasant. Das beklemmende Gefühl der ständigen Überwachung vermitteln zwei Bildschirme (Video: David Haunschmidt). Die zurzeit grassierende Pillenschluck-Kultur wird mit schwarzem Humor hinterfragt, verunsichert das Publikum und bietet ausreichend Stoff für rege Diskussionen. Ein absolut gelungener, Erfolg versprechender Start in die neue Saison.

Dorfgockel

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