„Corpus delicti“ – ein Ritt in die Hölle

Juli Zeh: Corpus delicti

Juli Zeh, eine der erfolgreichsten zeitgenössischen Autorinnen im deutschsprachigen Raum, hat das Stück 2007 im Auftrag der Ruhrtriennale verfasst und zwei Jahre später als Roman veröffentlicht. Tabea Baumann inszeniert im Schauspielhaus Salzburg eine auf die Essenz gekürzte Fassung mit nur drei Schauspieler*innen. Viel Applaus bei der Premiere am 25. Jänner 2023 für ein packendes Kammerspiel.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Die erfolgreiche Biologin Mia Holl steht voll hinter dem „wohlwollenden“ Rechtssystem der Methode. Die demokratischen Grundsätze wurden durch vielfältige Überwachungsmaßnahmen abgelöst, denn das Ziel ist körperliche Bestverfassung. Verstöße werden hart bestraft. Mia hat sich nach dem Selbstmord ihres Bruders Moritz zurückgezogen und gibt sich ganz der Trauer hin. Moritz war ein cooler Typ, ein Freigeist, der sich ständig gegen die Gesundheitsdiktatur der Methode aufgelehnt hat.

Mittels eines DNA-Tests wurde er wegen Vergewaltigung und Mord angeklagt und verurteilt. Bis zuletzt beteuerte er seine Unschuld, doch nur seine Schwester Mia schenkte ihm Glauben. Nun ist sie so durcheinander, dass sie auf die obligatorischen Schlaf- und Ernährungsberichte sowie das tägliche Sportprogramm vergisst. Vor seinem Tod hat ihr Moritz die „Ideale Geliebte“, eine fiktionale Wegbegleiterin und Lebensberaterin, zur Seite gestellt, damit seine Freiheitsgedanken nicht in Vergessenheit geraten.

Je mehr sich Mia mit den revolutionären Ideen ihres Bruders befasst, umso mehr kommt sie in Konflikt mit der Methode. Nach wiederholten Verfehlungen wird sie schließlich angeklagt. Rechtsanwalt Dr. Lutz Rosentreter wird sie in dem ihr drohenden Strafprozess, den eine ehrgeizige junge Richterin führt, begleiten. Die Anklage vertritt der Chefideologe der Gesundheitsdiktatur, Heinrich Kramer. Ein von Rosentreter eingereichter Härtefallantrag wird abgelehnt und nun droht Mia die Höchststrafe: Einfrieren auf unbestimmte Zeit. Als Zweifel an der Schuld ihres Bruders auftauchen, wird überlegt, ob vielleicht doch ein Resozialisierungsprogramm für sie in Frage käme.

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