Der Landmensch als nützlicher Idiot des Stadtmenschen

Das Rendlhaus

Das Rendlhaus in St. Georgen wurde vor Jahren verkauft. Der neue Besitzer hat es liebevoll restauriert und ein Wohnhaus auf Stelzen, da ja mit Überschwemmungen zu rechnen ist, dazu gebaut. Mir gefällt das Ensemble sehr gut! | Foto (22. 7. 2019) KTraintinger, Dorfbild.com

Fortsetzung einer unendlichen Geschichte – Die siebziger Jahre

Alois Schöpf

Essay von Alois Schöpf

zum 1. Georg Rendl Symposion: “Land-Schriftsteller” Schriftsteller und Landbevölkerung,
St. Georgen bei Salzburg, Sigl.Haus, 3.- 5. Oktober 2003

Anfang der siebziger Jahre übersiedelte die Redaktion des Fernsehspiels des österreichischen Rundfunks von der Argentinierstraße im 4. Wiener Gemeindebezirk in die neu erbaute Betonkathedrale am Küniglberg. Im 4. Stock nach Südwesten hinaus mit Blick auf die Hügel von Mauer bekam das erste der um ein großzügiges Foyer herum gruppierten Zimmer Hans Preiner, der Redakteur der Sendereihe „Impulse“. Sie repräsentierte als Nischen- und Nachtprogramm den künstlerischen Aufbruch nach 1968 in einer Freiheit und Lockerheit, von der man an den feudalen Medienhöfen der Gegenwart nur träumen kann. Neben Filmen über die Beatles, mit und über Otto M. Zykan hatten dort die jungen Absolventen der neu geschaffenen Filmakademie unter Harald Zusanek ihre erste Anlaufstelle. Preiner genehmigte ihnen meist ohne viel bürokratische Umwege und Todesängste ein 100.000.- Schilling Budget, das durch die Nutzung hausinterner Leistungen vervielfacht werden konnte, und bekam nach einer gewissen Zeit einen maximal 45-minütigen Film zurück.

So entstanden auch die ersten Folgen der Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“. Das Buch stammte vom Magazineur und Buddhisten Ernst Hinterberger. Dazu kam der junge und ehrgeizige Regisseur Reinhard Schwabenitzky, durch den die Geschichte in vielen psychologischen Details an Glaubwürdigkeit und Humor gewann. Und vor allem: Schwabenitzky engagierte Karl Merkatz, der aus Edmund Sackbauer den Mundl machte, wodurch der eine zu einem neuen Volksschauspieler in der Tradition Hans Mosers aufstieg, der andere das Pandaimonion Österreichs um eine brillante Figur erweiterte. In weißem Palmers-Leiberl, Bier trinkend und krakeelend trat zum ersten Mal ein Prolet vors Publikum, der auf das Mitleid des Bürgertums und der Intellektuellen nicht angewiesen war, weil er sein Leben mit brillantem Mundwerk alleine meisterte und lebenswert fand. In unerschrockener Frechheit machte die Serie sich von allem Anfang über das hochkulturelle Getue der aufstrebenden Mittelständler in Gestalt des dichtenden Schwiegersohns Franzi lustig.

Als die ersten beiden Folgen im Wochenabstand, ziemlich spät am Abend und nur mit 35 Minuten knapp bemessen, ausgestrahlt wurden, schlugen sie ein wie eine Bombe. Der echte Wiener ging, wie der Titel verhieß, tatsächlich nicht unter, weitere Teile wurden bewilligt und von der Experimentalfilmabteilung Hans Preiners ein Zimmer weiter verlagert, wo Werner Swossil und ich saßen und für die höher budgetierten Fernsehspiele zuständig waren. So hatte ich bis zu meinem Ausscheiden aus dem ORF im Jahre 1977 die einmalige Gelegenheit, als Redakteur mit Hinterberger, vor allem jedoch mit Schwabenitzky zusammen zu arbeiten.

Trotz heute anders lautender Beteuerungen und trotz der Wiederholungen der Serie im Zweijahresabstand wurde der ORF damals vom Erfolg des Mundl vollkommen überrascht. Die sogenannten Chefs liebten den echten Wiener nie wirklich. Zum einen war die Idee nicht ihren erlauchten, an bildungsbürgerlicheren Stoffen orientierten Hirnen entsprungen, zum anderen kamen hier Menschen und Verhältnisse zu Ehren, …

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