Jurek Milewski hat Anna Burzynskas in Polen vielgespielte, schwarze Komödie ins Deutsche übersetzt und glänzt nun in der Titelrolle. Für Regisseurin Susanna Szameit sind er und Judith Brandstätter die Idealbesetzung für dieses rasante Zwei-Personen-Stück, in dem es um eine fast krankhaft große Leidenschaft geht.

Von Elisabeth Pichler
Die Deutsche Erstaufführung fand in Anwesenheit der Autorin am 19. September 2019 im Kleinen Theater statt.
Im eleganten Anzug mit passender „Klavier-Krawatte“ erscheint der Korrepetitor im Probenraum und bereitet alles penibel vor, ein Glas Wasser für die zu erwartende Sängerin, sowie die passende Notenblätter. Als wenig später die Diva hereinrauscht und ohne ihn eines Blickes zu würdigen mit ihren Stimmübungen beginnt, bekennt er: „Ich bin unglücklich.“ Das verwirrt die Diva, denn gesprochen hat ihre Klavierbegleitung noch nie.
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Doch heute wird alles anders, denn nach 30 Jahren Schweigen, hat er ihr so Einiges zu sagen. Sie schenkt ihm großzügig zwei Minuten ihrer kostbaren Zeit, denn sie ist wie immer in großer Eile und will endlich mit den Proben beginnen. Schüchtern und verklemmt gesteht ihr der „gewöhnliche Tastenhandwerker“ seine Liebe und bekennt nach und nach, was er die letzten 30 Jahre alles getrieben hat, um sie genauer zu studieren. Dass er die Noten stets auswendig konnte, um so ungestört ihren wohlgeformten Resonanzkörper zu bewundern, ist noch am unverfänglichsten. Sehr geschickt unterbricht die Pause seine Geständnisse und das Publikum fragt sich, ob der Begleiter von seiner Angebeteten jemals wieder die Worte „Morgen, wie immer!“ zu hören bekommen wird.
Jurek Milewsi hat schon öfters in der Rolle des verklemmten Liebhabers geglänzt. Großartig die hinreißend komische Beziehungskomödie „Vier linke Hände“ von Pierre Chesnot, in der er ebenfalls mit Judith Brandstätter das Publikum begeisterte. Diesmal darf er sich auch von einer anderen, fast dämonischen Seite zeigen. Wenn seine Leidenschaft mit ihm durchgeht wird er gefährlich und ist nicht mehr zu bremsen. Judith Brandstätter glänzt als abgehobene, nicht mehr ganz so junge Operndiva, die sich anfangs zwar schockiert zeigt, doch dann auf perfide Art zurückschlägt.
Alois Ellmauer hat auf die schwarze Bühne ein filigranes, nur angedeutetes Klavier gestellt sowie einen weißen Fensternahmen, der sich für Mord oder Selbstmord anbietet. Judith Brandstätters elegantes Kleid gewährt großzügig Einblick auf ihren Resonanzkörper (Kostüme: Lili Pfeifer). Kein Wunder dass ihr armer Begleiter da schwach wurde.
Susanna Szameit hat die skurrile Komödie der polnischen Literaturtheoretikerin und Stückeschreiberin Anna Burzynska mit dem richtigen Tempo inszeniert, sodass sich Unterhaltung und Spannung die Waage halten. Ein Theaterabend wie geschaffen für das Publikum des Kleinen Theaters, das niveauvolle Unterhaltung zu schätzen weiß.
„Der Begleiter“ von Anna Burzynska. Regie: Susanna Szameit. Bühne: Alois Ellmauer. Kostüme: Lili Pfeifer. Mit: Judith Brandstätter und Jurek Milewski. Foto: Kleines Therater / Christian Treweller
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