„Verrücktes Blut“ zum Auftakt des Theaterfestivals „Fremd in der Fremde“

Im Odeïon Kulturforum Salzburg fand am Donnerstag, dem 16. Februar, die Premiere dieses äußerst erfolgreichen, aber auch sehr provokanten Stückes von Jens Hillje und Nurkan Erpulat statt, in dem eine Lehrerin versucht, ihren disziplinlosen Schülern die Ideale der Aufklärung nahezubringen.

Von Elisabeth Pichler.

Frau Sonia Kehlich widmet Friedrich Schiller und der ästhetischen Erziehung einen Projekttag. Nach dem Motto „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“ versucht sie mit Schillers Sturm-und-Drang-Werken „Die Räuber“ und „Kabale und Liebe“, die Aufmerksamkeit der Schüler zu gewinnen. Dieser renitente Haufen von zornigen, gewaltbereiten Jugendlichen mit Migrationshintergrund lässt sich aber nicht so leicht überzeugen. Als ihr bei einer Rauferei eine Pistole in die Hände fällt, zwingt die völlig überforderte und entnervte Pädagogin ihre Schüler, ganz nach ihren Vorstellungen und Vorgaben, bestimmte Szenen nachzuspielen. Die Täter werden nun zu Opfern. Fassungslos gehorchen sie, lassen sich demütigen und verstehen die Welt nicht mehr: „Warum versucht sie uns mit Gewalt beizubringen, dass Gewalt keine Lösung ist?“

„Verrücktes Blut“ ist als Stück im Stück angelegt, sieht man doch zu Beginn eine gut gelaunte Schauspieltruppe die Bühne betreten, die sich erst umzieht, um dann mit der Probe zu beginnen. Dieses Szenario gerät im Laufe des Abends fast in Vergessenheit, denn die Schauspielerinnen und Schauspieler identifizieren sich völlig mit ihren Rollen. Elisabeth Nelhiebel glänzt als enthusiastische, ziemlich neurotische Lehrerin, die am Desinteresse ihrer Schüler verzweifelt: „Ich möchte euch helfen, ich möchte euch etwas beibringen.“ Jurij Diez spielt mit finsterem Blick völlig überzeugend Musa, einen „dummen, ungebildeten Macho, der auch noch stolz darauf ist“. Anna Paumgartner, Christine Winter, Alexander Lughofer und Benjamin Blaikner komplettieren diese gar nicht liebenswerte Schüler-Truppe.

Klugerweise hat man diesmal darauf verzichtet, den großen Theatersaal zu bespielen, und ist auf die intime Hinterbühne ausgewichen. Der Raum, eine Mischung aus Kellerbühne und Turnsaal, ist für dieses Stück der absolut passende Rahmen, wurde doch das Publikum immer wieder in das Geschehen miteinbezogen. Schräge Gesangseinlagen sorgten für Atempausen zwischen den heftigen Wortgefechten und brutalen Schlägereien.

„Verrücktes Blut“ war der Überraschungshit der Bühnensaison 2010/2011 in Deutschland und wurde zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Obwohl ich diese faszinierende Aufführung im Fernsehen gesehen habe, war ich von dieser Inszenierung (Michael Kolnberger) schwer beeindruckt. Ein tiefgründiges Stück, glänzend gespielt, absolut sehenswert.

„Verrücktes Blut“ – von Jens Hillje und Nurkan Erpulat. Frei nach dem Film: „Heute trage ich Rock“ von Jean-Paul Lilienfeld. Eine Produktion von Michael Kolnberger in Zusammenarbeit mit dem Odeïon Kulturforum Salzburg im Rahmen des Theaterfestivals „Fremd in der Fremde“. Inszenierung und Dramaturgie: Michael Kolnberger. Assistenz: Karren Schneider. Mit: Elisabeth Nelhiebel, Christine Winter, Anna Paumgartner, Jurij Diez, Alexander Lughofer, Benjamin Blaikner. Fotos: © Ela Grieshaber

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