Jürgen Pettinger: Dorothea

Jürgen Pettinger

Jürgen Pettinger | Foto: Karl Traintinger

Dorothea

Autor: Jürgen Pettinger
Titel: Dorothea – Queere Heldin unterm Hakenkreuz
ISBN: 978-3-218-01404-5
Verlag: Verlag Kremayer & Scheriau GmbH & Co
Erschienen: 02.10.2023

Klappentext:

„Eine Frau  von Wuchs und Charakter, gerade, aufrecht und fest wie ein Baum ohne jede Anpassungstendenzen.“

Die berühmte Schauspielerin Dorothea Neff (1903–1986) nahm ab 1940 ihre jüdische Freundin Lilli Wolff als U-Boot in ihrer Wohnung auf.

Mit viel Mut, Opferbereitschaft und List gelang die Geheimhaltung. Aber 1944 musste Lilli mit einem Tumor in der Brust ins Krankenhaus. Wie sollte sie operiert werden, ohne aufzufliegen?

Jürgen Pettinger rollt den Fall neu auf, spürt in den Dokumenten und von ihm wiederentdeckten Tonaufnahmen der Beziehung der beiden Frauen nach und zeigt, dass queere Aktivist:innen von heute auf den Schultern der queeren Held:innen von damals stehen.

Die großartige und gelungene Biografie einer einzigartigen Heldin!

Die Schauspielerin Dorothea Neff, die mir nur mehr vom Namen her bekannt war, zeichnet das Bild einer außergewöhnlich mutigen Frau, die die Größe besaß, gegen den Strom der Zeit zu schwimmen. Mit ihrem großen schauspielerischen Talent schaffte sie es, die Nazischergen und deren Mitläuferinnen und Mitläufer zu täuschen und ihre jüdische Freundin während der gesamten Naziherrschaft in ihrer Wohnung zu verstecken – und darüber hinaus, deren Identität zu verschleiern, sodass es möglich wurde, sie unter falschem Namen in einem arischen Krankenhaus operieren zu lassen. Als ebensolchen mutigen Helfer konnte sie den Arzt und später, sehr bekannten Psychotherapeuten Erwin Ringel gewinnen, der dem Naziregime auch mit großer Abscheu gegenüber stand.

Aber auch die Liebe zu „ihren“ Frauen, hat Neff mit einer Selbstverständlichkeit und einer Normalität gelebt, die für die damalige Zeit mit der damaligen Diskriminierung erstaunlich und mutig war. Sie war ihrer Zeit somit weit voraus und das zeigt einmal mehr, was für ein außergewöhnlicher Mensch die Schauspielerin war.

Dem Autor des Buches ist es gelungen mit großer Sprachgewandtheit aus einer Biografie einen sehr spannenden Roman zu verfassen. Der Leser wird von Anfang an mitten in die Abläufe hineingezogen und kommt der Beklemmung und der Angst der Betroffenen gefühlsmäßig sehr nahe. Selten hat mir ein Buch das damalige Diktat des Nationalsozialismus so klar vor Augen geführt. Und selten ist mir die Einsamkeit „der wenigen Widerständler“ dieses pervertierten Systems so deutlich geworden, wie in dieser Darstellung, in der Menschen für ihre Hilfsbereitschaft unter Umständen mit dem Tod bezahlen mussten.

Einmal mehr löst das Buch die Frage in mir aus: Wie war es möglich, dass Millionen Menschen diesem verbrecherischen Regime gefolgt sind, ihm treu ergeben waren und Jede und Jeden denunziert haben, der sich gegen diese verachtende Ideologie auflehnte?, – denn die größte Gefahr ging, wie dieses Buch zeigt, vielfach von „scheinbar harmlosen“ Mitläufern und Nachbarn aus.

Gleichzeitig macht sich aber auch große Nachdenklichkeit, sowie die Erkenntnis breit, es könnte jederzeit wieder passieren, denn wie Corona oder andere zeitgleiche Phänomene gezeigt haben, können Massen leicht mobilisiert werden und über die Richtung wird leider zu wenig nachgedacht.

Deshalb ist ein Buch wie dieses, so wertvoll, denn es rüttelt wach. Es wäre wichtig, dass es von möglichst vielen (jungen) Menschen gelesen wird, und dass es in jeder Schule im Literaturunterricht zur Verfügung steht. Der Roman ist gut und spannend zu lesen und er zieht den Leser schnell in seinen Bann. Vor allem eignet sich das Buch aber als präventive Maßnahme gegen faschistische Bewegungen und gegen eine neue Führerkultur.

Dorothea – queere Heldin unterm Hakenkreuz >


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