„Alles nicht wahr“ – Ein Georg-Kreisler-Liederabend

Nikolaus_Habjan

Nikolaus Habjan | Foto: Lupi Spuma

Die Salzburger Kulturtage 2020 stehen unter dem Motto „Begegnungen“, wenden sich an aufgeschlossene Musikliebhaber und verbinden unterschiedliche Welten und Wesen der Musik. Die Osttiroler Musicbanda Franui und der gefeierte Schauspieler, Regisseur, Puppenspieler und -bauer Nikolaus Habjan begeisterten am 10. Oktober 2020 im Haus für Mozart mit einem schwarzhumorigen Liederabend das Publikum, das sich nach knapp zwei Stunden trotz MNS zu Standing Ovations hinreißen ließ.

Angeblich verdanken Franui ihren Erfolg Lady Bug, einer resoluten, älteren Dame, bei deren Abschiedskonzert sie in einem entlegenen Osttiroler Seitental einspringen durften. Seit nunmehr 17 Jahren sind sie gemeinsam unterwegs, denn Lady Bug vertröstet sie jedes Mal: „Gage gibt‘s beim nächsten Mal!“ Dann betritt die Grande Dame in einem wehenden Kleid mit roter Federboa die Bühne und trällert ein „Frühlingslied“, in dem sie zum Taubenvergiften im Park einlädt. In „Biddla Buh“ erzählt sie von einem verführerischen Frauenmörder, der es traurig findet, wenn die Liebe erkaltet. Er kennt jedoch die perfekte Lösung. Franui verraten uns auch das Rezept für Georg Kreislers schwarze Lieder: „Man nehme einen grausigen Vorfall, übertreibe grenzenlos und unterlege das Ganze mit einer Musik, die nicht dazu passt.“ ___STEADY_PAYWALL___

Franui | Foto: Julia Stix

Nach dem coronabedingten Lockdown im Frühling dieses Jahres war Kreislers prophetisches Chanson „Wien ohne Wiener“ in den sozialen Medien präsent, bedrückend und bestürzend. Kreisler, der virtuose Meister der Sprache, Mimik und Gestik, hat in Nikolaus Habjan einen würdigen Interpreten seiner Lieder und Texte gefunden. Der Sketch über einen Staatsbeamten, der sich erst mit einem Formular für Geflügelzucht herumschlagen muss und schließlich als Arschkriecher in die Innenpolitik wechselt, ist zeitlos und leider immer aktuell. Lady Bug findet das Lied jedoch obszön und widerlich und sie beschimpft das Publikum, das über solche Witze lachen kann. „Als der Zirkus in Flammen stand“ gehört zu Georg Kreislers „Lieder zum Fürchten“ und ist so böse, dass man sich wirklich fast nicht mehr zu lachen getraut.

20 Lieder sind im Programmheft angeführt und es lohnt sich, die Texte im Internet nachzulesen. Georg Kreisler (1922 – 2011) war ein gnadenloser kritischer Betrachter und großer Sprachkünstler. Nikolaus Habjan mit seinem Puppenspiel und Gesang und die Musicbanda Franui mit ihren schrägen Klängen aus Hackbrett, Harfe, Zither, Violine, Kontrabass, Akkordeon sowie allerlei Holz- und Blechblasinstrumenten begeistern mit diesem unterhaltsamen Liederabend Jung und Alt. „Alles nicht wahr“ ist eine Hommage an den großen Wortakrobaten, der die letzten Jahre seines Lebens in Salzburg verbrachte und im Friedhof in Aigen seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Mit dem Lied „Du hast ja noch Dein Grab“ aus dem Jahre 1971 verabschiedeten sich Nikolaus Habjan und Franui von einem jubelnden Publikum im Haus von Mozart.

„Alles nicht wahr“ – Ein Georg-Kreisler-Liederabend mit Nikolaus Habjan & Franui. Haus für Mozart. Nikolaus Habjan (Puppenspiel und Gesang). Franui Musicbanda: Johannes Eder (Klarinette, Bassklarinette), Andreas Fuetsch (Tuba), Romed Hopfgartner (Altsaxophon, Klarinette), Markus Kraler (Kontrabass, Akkordeon), Angelika Rainer (Harfe, Zither, Gesang), Bettina Rainer (Hackbrett, Gesang), Markus Rainer (Trompete, Gesang), Martin Senfter (Ventilposaune, Gesang), Nikolai Tunkowitsch (Violine), Andreas Schett (Trompete, Gesang, Moderation, Leitung).

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