Der flämische Regisseur Luk Perceval widmet sich in seiner nach den Farben der belgischen Nationalflagge benannten Trilogie den dunklen Seiten der belgischen Geschichte. In „Black“ setzte er sich mit der Kolonialvergangenheit Belgiens auseinander, in „Yellow“ folgt nun die unrühmliche Zeit der Kollaboration mit den Nationalsozialisten. Eine Filmversion dieser Kooperation des Nationaltheaters Gent mit dem Landestheater Niederösterreich feierte am 11. März 2021 Stream-Premiere.

Jef, der Sohn der Familie Goenmaere, schließt sich der Flämischen Legion an. Sein Vater Staf ist begeistert, gibt doch der Führer den Flamen endlich die Möglichkeit, wieder an der Geschichte teilzunehmen. Die Mutter macht sich hingegen große Sorgen, ist doch ihr Sohn ein ganz ein ruhiger, der gerne Bücher liest. Onkel Hubert hält gar nichts von diesen Männern in ihren schwarzen „Faschingskostümen“ und glaubt nicht an ihre Versprechungen. Als er die Jüdin Channa, die man ihr Abschlussexamen nicht ablegen lässt, bei sich aufnimmt, wird er denunziert. Es gelingt ihm jedoch, in Antwerpen unterzutauchen. Jefs Schwester Mie verspricht, ihrem Bruder oft zu schreiben, und erlaubt ihm schließlich, die Briefe mit seinem Kameraden Aloysius zu teilen. Dieser emotionale Briefwechsel – es handelt sich um Originaltexte aus der NS-Zeit – geht unter die Haut.
Doch nicht nur die Flamen ließen sich vom Führer blenden. Auch der Wallone Leon Degrelle (1906-1996) schmettert als Führer der Rexisten, der wallonischen faschistischen Bewegung in Belgien, arrogant und überheblich Durchhalteparolen. Sein Gegenpart ist Otto Skorzeny (1908-1975), ein österreichischer Offizier der Waffen-SS, der seiner schwärmerischen Zuneigung zum großen Führer Ausdruck verleiht. Als begeisterter Burschenschaftler genießt er körperliche Auseinandersetzungen und ist stolz auf seine Narben. In dieser Rolle überzeugt Philip Leonhard Kelz, Ensemblemitglied des Landestheaters Niederösterreich, und demonstriert seine Kampfbereitschaft mit vollem Körpereinsatz, versehen mit einer Prise Wiener Schmäh.
Das gesamte Ensemble bewegt sich in faszinierend wilder Choreographie rund um und auf einem riesigen Billardtisch, der von einem Fahnenmeer umgeben ist. Beim Einmarsch der deutschen Truppen in Russland wird noch gefeiert und wild getanzt, doch bald schon beginnt es auf der Bühne in dicken Flocken zu schneien, der Winter naht. Der Traum von Russland als reichster Kolonie ist schnell ausgeträumt.
Nach Hitlers Tod erhält der zuvor in Schwarzweiß gehaltene Film Farbe, die dunklen Zeiten sind vorerst vorbei. Degrelle und Skorzeny treffen in Spanien aufeinander und schwärmen von den alten Zeiten. Sie konnten es sich richten. Onkel Hubert hingegen fährt nach Wien und macht einen Ausflug zum jüdischen Teil am Zentralfriedhof. Hier entdeckt er eine große leere Fläche, die einst von Juden gekauft und niemals benutzt wurde.
Am 19. März 2021 ab 20 Uhr gibt es für 48 Stunden eine weitere Möglichkeit, Daniel Demoustiers filmische Version dieses beeindruckenden, mit atmosphärischer Theatermusik von Sam Gysel unterlegten Theaterstücks von Luk Perceval zu erleben. Gesprochen wird flämisch, französisch, deutsch und englisch, deutsche Untertitel sind zuschaltbar. Im Herbst sollte dann hoffentlich ein Gastspiel in St. Pölten möglich sein. Als dritter Teil der Trilogie wird „Rot“ den Bogen in die Gegenwart spannen und sich mit den vielen aus Belgien stammenden IS-Kämpfern beschäftigen. Man darf gespannt sein.
Luk Perceval: „Yellow – The Sorrows of Belgium II: Rex“ Eine Koproduktion von NT Gent, Landestheater Niederösterreich, Le Manège Maubeuge. Inszenierung: Luk Perceval, Musik: Sam Gysel, Bühnenbild: Annette Kurz, Kostüme: Ilse Vandenbussche. Mit Peter Seynaeve, Chris Thys, Lien Wildemeersch, Bert Luppes, Maria Shulga, Oscar Van Rompay, Philip Kelz, Valéry Warnotte. Live-Stream am 19. März mit deutschen, holländischen, englischen und französischen Untertiteln. Fotos: Landestheater NÖ/ Fred Debrock
STREAM | Karten auf www.landestheater.net oder www.ntgent.be/en.


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