„Hamlet“ – gefangen zwischen Vernunft und Gefühl

Hamlet - Mozarteum

Alek Niemiro hat für seine Diplominszenierung am Thomas Bernhard Institut der Universität Mozarteum William Shakespeares Drama über den jungen dänischen Prinzen Hamlet gewählt. Die neue Übersetzung und Bearbeitung der Autoren Feridun Zaimoglu und Günter Senkel bringt viele Überraschungen in diese Rachetragödie, die eigentlich niemanden überleben lässt. Tosender Applaus am 12. Oktober 2023 im Theater im Kunstquartier für eine extrem reduzierte Fassung.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Da Hamlet mit seiner Feinsinnigkeit, Zauderhaftigkeit und Gefühlsbetontheit eigentlich eine weibliche Seele innewohnt, wurde er schon immer mal gerne mit einer Frau besetzt. Diesmal mutiert auch Hamlets bester Freund Horatio und wird zu einer besten Freundin (Marie Eick-Kerssenbrock). Diese zeigt dem völlig traumatisierten Hamlet den Geist des ermordeten Vaters und weist ihm den Weg zur Rache. Das Theaterstück, das den neuen König als Mörder entlarven soll, endet mit Horatios Hilfe in einem Massaker.

Mitleid erweckt die arme Ophelia, die in männlicher Besetzung gar nicht so schwach daherkommt. Adrian Weinek muss in einem weißen Totenhemdchen nach dem Prinzen schmachten, wird vom Vater als Spion missbraucht und schließlich von Hamlet brutal zurückgewiesen: „Geh in ein Freudenhaus!“ Victoria Kraft gibt den verwirrten Hamlet wild und rauflustig und das bekommt nicht nur Ophelia zu spüren. Gertrude und Claudius (Annalisa Hohl und Lenz Farkas) beeindrucken als sehr elegantes Königspaar. Der brutale Königsmord und die unschickliche Hochzeit scheinen die beiden nicht zu belasten. Mit Hilfe von Rosenstern (Ben Engelgeer) versuchen sie, den unberechenbaren Hamlet möglichst schnell loszuwerden. Alexander Smirzitz überzeugt als Polonius, gibt einen großartiger Schwätzer ab und glänzt als miese Ratte. Sein Tod ist hier kein Versehen, sondern volle Absicht.

Dorfladen

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