„Peer Gynt“ – integratives Theaterprojekt im Odeïon

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Henrik Ibsens „Faust des Nordens“, ein märchenhaftes Drama über einen willensschwachen Egoisten und Fantasten, eignet sich durch seine Vielschichtigkeit besonders zur Arbeit mit unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Reinhold Tritscher hat das Großprojekt mit Profischauspielern, Musikern und Menschen mit Behinderungen psychischer, physischer und sozialer Natur eindrucksvoll in Szene gesetzt.

Von Elisabeth Pichler.

Peer Gynt, ein wilder junger Kerl, der Zeit und Geld verlumpt, statt sich um Haus und Hof zu kümmern, erzählt phantastische Lügenmärchen und schmiedet große Pläne: „König, Kaiser will ich werden.“ Er entführt ein junges Mädchen am Tage ihrer Hochzeit, verlässt sie aber bereits am nächsten Morgen. Verfolgt von der aufgebrachten Dorfgemeinschaft findet er Zuflucht bei den Trollen. Auch hier hält es ihn nicht lange, kurzfristig kehrt er in seine Heimat zurück, zu seiner Mutter und der ihn liebenden Solveig. Die Vergangenheit holt ihn jedoch ein und so macht er sich auf den Weg „zum Meer und weiter noch“. Durch Sklavenhandel und dubiose Geschäfte reich geworden, glaubt er sich am Ziel seiner Träume. Das Glück währt jedoch nicht lange, er wird betrogen und ausgenutzt, verliert sein Geld und landet schließlich in einer Irrenanstalt, in der er nun endlich zum Kaiser gekrönt wird. Verfolgt vom Tod in der Gestalt eines Knopfgießers, kehrt Peer Gynt als völlig verarmter Mann in seine Heimat zurück, wo er um seine Seele kämpfen muss. Er steht völlig alleine da, doch Solveig, die ein Leben lang auf die Rückkehr ihres Geliebten gewartet hat, stellt sich schützend vor ihn und rettet ihn.

Peer Gynt geht auf ein norwegisches Feenmärchen zurück und ist ein Appell, sich auf die eigene Bestimmung zu besinnen. Die Suche nach sich selbst steht in dieser Produktion des Theaters ecce im Mittelpunkt. Berührend die Szene, in der Alexander Dick als Knopfgießer, emotionslos und lakonisch die Frage stellt, welche Folgen es wohl hätte, wenn Betreuer und Irre die Rollen tauschten. Jurij Diez gestaltet sowohl den jungen als auch den alten Peer Gynt temperamentvoll und facettenreich. Mit Begeisterung und Hingabe toben die Mitglieder der Schauspielgruppe „Blaue Hunde“ der Lebenshilfe Salzburg über die Bühne und genießen ihren ganz speziellen Auftritt, ob als Bürger, Trolle, Hochzeitsgäste oder Tiere in Afrika.

Die Bühne beherrscht ein einfaches Holzgerüst. Ständig wechselnde Beleuchtung und Videoeinblendungen schaffen die Illusion von hohen Bergen, Wäldern, Wüsten und Meeren (Bühnenbild: Alois Ellmauer). Für die geschmackvollen, überaus dezenten Kostüme zeichnet Monika Schwarzl verantwortlich. Sensationell die musikalische Umrahmung durch die bekannten Salzburger Profi-Musiker Rupert Bopp, Gernot Haslauer, Robert Kainer und Johannes Steiner.

Gratulation an Reinhold Tritscher und sein Team sowie das gesamte Ensemble für einen überaus gelungenen, beeindruckenden Theaterabend. Diese aufwändige und opulente Produktion braucht den Vergleich mit großen Bühnen nicht zu scheuen. Weitere Vorstellungen noch bis 27.10. 2013. Der Weg ins Odeïon Kulturform Salzburg in Mayrwies lohnt sich wirklich.

Peer Gynt“ von Henrik Ibsen. Künstlerische Gesamtleitung: Reinhold Tritscher. Choreografie/Regie: Wolf Junger. Kostüm: Monika Schwarzl. Bühnenbild: Alois Ellmauer. Bühnenbau: Gerd Walter. Live-Musik: Rupert Bopp, Gernot Hauslauer, Robert Kainer, Johannes Steiner. Mit: Bina Blumencron, Alexander Dick, Jurij Diez, Gerard Es, Gerhard Fagerer, Wolfgang Gleich, Waltraud Grasfurtner, Sabrina Hacker, Johannes Hufnagel, Philipp Kieninger, Anna Kuzmeko, Alexander Lughofer, Jurek Milewski, Christian Mösl, Christian Münichsdorfer, Vinko Najdek, Zuhal Öztürk, Anna Paumgartner, Hermine Rohrmoser, Natalia Sarajlic, Andreas Schober, Hildegard Starlinger, Stefan Wartbichler. Foto: Theater ECCE

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