„Dionysos“ – Madness pours upon my lovely face

„Dionysos“ – Madness pours upon my lovely face

Im Rahmen des zweijährigen Masterstudiums „Applied Theatre – künstlerische Theaterpraxis und Gesellschaft“ am Thomas Bernhard Institut des Mozarteums Salzburg wird für eine Projektarbeit geforscht und das Ergebnis schließlich als Performance präsentiert.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Die 1991 in Rumänien geborene Performance-Künstlerin und Schauspielerin Cat Jugravu beschäftigte sich mit Queer- und Trans-Körpern im Exil. Am 11. Jänner 2023 überraschte sie das Publikum in der ARGEkultur mit einer grandiosen Show, in der gesprochenes Wort, Musik und Tanz verschmelzen. Zum Finale animierte sie uns, gemeinsam mit seinen Mänaden und anderen Göttern, zu einer heißen Rave-Party.

Cat Jugravu empfängt das Publikum im Foyer in einem dunklen Hoodie und erklärt uns zu ihren mythischen Begleiterinnen, den Mänaden. Wir sollen uns auf ein Experiment einlassen, in dem es kein „falsch“ gibt, und einfach Spaß haben: „Just have fun!“ Erwartungsvoll betreten wir den großen Saal, die Stimmung ist bestens. Auf einem Berg residieren gelangweilt die Götter und wir nehmen zu deren Füßen auf mit Tüchern bedeckten, großen Steinen Platz.

Unter dem Hoodie kommt ein wahrlich göttlicher Dionysos zum Vorschein, der uns sofort in seinen Bann zieht. Plateauschuhe mit riesigen Absätzen lassen die langen Beine noch viel länger erscheinen. Das eigenwillige kurze Röckchen, die aufreizende weiße Corsage und eine üppige schwarze Mähne komplettieren den Gott des Weines, der Freude, der Trauben, der Fruchtbarkeit, des Wahnsinns und der Ekstase.

Dionysos selbst informiert uns über seine schräge Existenz. Er ist nämlich der Sohn von Zeus und Semele, der Tochter des König Kadmos von Theben. Als sie schwanger wird, erbittet sich Semele von Zeus, ihn so sehen zu können, wie er wirklich ist. Obwohl er weiß, dass das ihren Tod bedeutet, kommt er ihrer Bitte nach. Als Semele tot vor ihm liegt, nimmt er das ungeborene Kind aus ihrem Körper und setzt es sich in seinen Oberschenkel ein, bis es geboren werden kann. Seine Gattin Hera verfolgt dieses unerwünschte Kind mit Hass. Trotzdem gelingt es Dionysos, zum einzigen unsterblichen Gott des griechischen Götterhimmels mit einer weltlichen Mutter zu werden.

Gemeinsam mit seinen flotten drei Mänaden, Yuk Yu, Luisa und Ronja, wirbelt Dionysos in wilder Ekstase durch die Reihen des Publikums, stets zu Spaß und Unfug bereit. Er will uns aber auch seine dunklen Seiten zeigen, wird er doch einerseits als sanft, andererseits auch als schrecklich beschrieben. Schon im Vorfeld hat er uns gewarnt, dass es zu sexueller und physischer Gewalt kommen könnte. Ergreifend und berührend ist das traurige Lied „Me and a Gun“ von Tori Amos über ihre Vergewaltigung in Los Angeles. Der Text thematisiert den Vergewaltigungsmythos, wonach eine Frau, die freizügige Kleidung trägt, irgendwie selbst für ihre Vergewaltigung verantwortlich ist.

Bevor es zur ultimativen, 20-minütigen wilden Rave-Party kommt, werden noch viele Themen angesprochen, die sich um Anderssein und Queerness drehen. Über den Begriff „LGBTQIA+“ stolpert man ja heute fast täglich, ist er doch eine Abkürzung der englischen Wörter Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender, Queer, Intersexual und Asexual.

Mit diesem aufwändigen Masterprojekt, einer Mischung aus Performance, Ritual und Rave, macht sich die Künstlerin auf eine reflektierende und reflexive Suche nach Authentizität. Ihre Zukunftspläne sind klar. Sie will mit Queer-Performern Ensembles bilden und als Künstlergruppe arbeiten. Besten Dank für diesen informativen, rauschhaften Abend der Extraklasse.

„Dionysos“ – Madness pours upon my lovely face. (after Euripides) in deutscher und englischer Sprache. ARGEkultur Salzburg. Performance and text: Cat Jugravu. Performance (Maenads): Yuk Yu Wan, Luisa Jäger, Ronja Seyfried. Set design: Magdalena Hofer, Toni Ofner. Choreography: Andrea Givanovich. Live Music: death obsesion, Matija Chlupacek. Music composition: Andrei Raicu. Costume design: Mascha Grimminger. Hair: Flora’s Hair Studio Salzburg. Creative Production: Maximilian Lehner. Production: The Real Office, Universität Mozarteum Salzburg. Photography: Johanna Mayrhofer. Media Partner: FS1 – Freies Fernsehen Salzburg. Assistant director: Cristina Giurgea. Assistant set design: Elena Lengauer. Mentorship: Trace Polly Müller, Christoph Lepschy. Special thanks to Sylvain Faye, Yuk Yu Wan, Jonin Herzig (text contribution), Univ. Prof. Ulrike Hatzer, Judith Franke. Fotos: ARGEkultur/ Wolfgang Lienbacher (8), Johanna Mayrhofer (1)

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