Anita Köchl hat diese liebenswerte Komödie über eine Mutter-Tochter-Beziehung des renommierten kroatischen Schriftstellers und Dramaturgen Miro Gavran entdeckt. In Daniela Enzi hat sie eine kongeniale Partnerin gefunden und so fand am 17. Jänner 2020 im Kleinen Theater in Anwesenheit des Autors die deutschsprachige Erstaufführung statt. Ein köstliches Theatervergnügen!

Von Elisabeth Pichler
Ein dreijähriges Mädchen soll heute, man schreibt das Jahr 1963, zum ersten Mal in den Kindergarten gehen, denn die Mutter hat ihr Jura-Studium beendet und will nun endlich Geld verdienen. Das kann und will die Kleine nicht verstehen. Den Tränen nahe stammelt sie immer wieder: „Ich will nicht in den Kindergarten!“ Das versprochene Eis macht die Sache auch nicht leichter.
Bei der Einschulung, vier Jahre später, landen die beiden wieder in der Eisdiele und diesmal muss die Mutter ihrer Tochter gestehen, dass der Papa, der als Ingenieur arbeitet und schon immer viel unterwegs war, diesmal gar nicht mehr wiederkommen wird. Auch das kann und will die Kleine nicht verstehen. Sie hat jedenfalls die besten Ideen, wie man Papas „neue Frau“ in die Familie integrieren könnte, nur leider ist ihre Mama damit nicht einverstanden. 1973 ist aus dem lieben, unschuldigen kleinen Mädchen ein bockiger, schwer pubertierender Teenager geworden, der seine Mutter für altmodisch und kleinkariert hält, weil sie ihr nicht statt eines Eises einen Kaffee kaufen will.
Die Zeit vergeht und die Mutter findet schließlich einen neuen Partner, der laut Tochter nur ein Langweiler und Loser ist. Sie selbst ist jedenfalls noch davon überzeugt, dass ihr so etwas nicht passieren wird. Das Publikum darf in insgesamt neun kurzen Szenen das Leben dieser zwei Frauen, die eine ganz besondere Schicksalsgemeinschaft bilden, mitverfolgen, bis die leicht demente Mutter ins Altersheim abgeschoben wird, das sich zum Glück ganz in der Nähe der oft und gerne besuchten Eisdiele befindet.
Das Stück durchläuft einen Zeitraum von fast 60 Jahren und verlangt daher den beiden Protagonistinnen ein facettenreiches Spiel ab. Anita Köchl schafft es, als trotziges Kindergartenkind und rotzfrecher Teenager ebenso zu überzeugen wie als vom Leben gebeutelte Ehefrau und Mutter. Nun macht ihr die 15-jährige Tochter mit ihren Eskapaden das Leben schwer und behauptet ständig: „Mama, du nervst!“ Die Zeiten haben sich aber geändert. Ging es früher nur um eine Tasse Kaffee, so dreht sich nun alles um Sex, Alkohol und andere Drogen. Daniela Enzi beginnt als junge Frau, die versucht, ihre Tochter alleine durchzubringen. Da sie aber doch gerne einen Partner an ihrer Seite hätte, finden sich – zum Ärger der Tochter – immer wieder Männer, die sich mehr oder weniger um sie kümmern. Anita Köchl und Daniela Enzi haben beide Erfahrung im Aufziehen und Zusammenleben mit Töchtern und so dürften sie bei den Proben jede Menge Spaß gehabt haben, denn die herzerwärmende Geschichte enthält viel Identifikationspotenzial.
Das humorvolle Stück von Miro Gavran, ein 80-minütiger rasanter Lauf durch das Leben zweier starker Frauen, die sich auch durch Rückschläge nicht unterkriegen lassen, wurde von Hanspeter Horner gekonnt in Szene gesetzt, sodass das Publikum zwischen den einzelnen Szenen so ganz nebenbei noch jede Menge über die Geschichte des Speiseeises erfährt. Ein überaus amüsanter Theaterabend, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Vorstellungen gibt es noch bis 13. Juni 2020.
„Eiscreme“ – Komödie von Miro Gavran. Regie: Hanspeter Horner. Mit: Anita Köchl & Daniela Enzi. Fotos: Kleines Theater/ Erika Mayer
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