Liebeswirbel in der Lagunenstadt
Ermanno Wolf-Ferraris 1936 in Mailand uraufgeführte Oper wird von der Universität Mozarteum in der Regie von Rosamund Gilmore wiederentdeckt. Die liebenswerte, charmante Oper, basierend auf einer Komödie des großen venezianischen Dramatikers Carlo Goldoni, versprüht italienische Lebensfreude pur. Der in Venedig geborene Wolf-Ferrari war ab 1939 Professor einer Klasse für Komposition am Mozarteum und nun kehrt seine Oper im Mai 2022 in den Max Schlereth Saal zurück.

Auf einer venezianischen Piazetta (Campiello) führen Holzstege kreuz und quer über die Kanäle, und die Häuser drängen sich dicht aneinander. Auf einer Hausbank sitzt ein „Veccio uomo“, lässt sich vom Wirt öfters ein Gläschen Rotwein bringen, beobachtet die jungen Leute, ihre Liebschaften und Streitereien, und amüsiert sich dabei köstlich. Es ist ja wirklich viel los hier, seit der charmante neapolitanische Lebemann Astolfi aufgetaucht ist.
Gasparina jammert auf ihrem Balkon, dass sie genug habe von ihrem Onkel Fabrizio und seinen vielen Büchern. Sie will endlich etwas erleben. Doch Astolfi ist nicht nur an ihr interessiert, er ist einfach zu allen Damen nett. Für Lucieta und ihren Verloben Anzoleto will er sogar den Trauzeugen spielen und für das Hochzeitsessen aufkommen. Heiratswütig sind hier eigentlich alle Damen, denn auch Gnese hat den jungen Zorzeto im Visier.
Die Mütter haben aber, wie das in Italien so üblich ist, auch noch ein Wörtchen mitzureden. Nach der Hochzeit wird wild gefeiert, doch am nächsten Tag schon kommt es zu Eifersüchteleien und das Temperament geht mit der munteren Bande einfach durch. Das Orchester darf diese Streitszenen mit einem Höllenlärm begleiten. Zum Finale gibt es ein neues Brautpaar, das aber leider Venedig verlässt. So kommen wir in den Genuss der wunderbar melancholischen Abschiedshymne „Bondi’, Venezia cara!“.
Die sanften Farben des Campiello täuschen, denn das Stück spielt im Jahr 1936 und der nahende Faschismus ist in dieser Inszenierung immer wieder zu bemerken. Baumelt anfangs noch die Wäsche malerisch zwischen den Häusern, ziehen hier später an einer Schnur Bilder von Soldaten vorbei. Doch noch stehen für die jungen Leute Liebeswirren im Vordergrund. Für ganz spezielle, urkomische Momente sorgen zwei Männer in „Kleiderrollen“, denn der Komponist lässt zwei italienische Mammas von Tenören singen. Filipp Modestov (Dona Cate) und Konstantin Igl (Dona Pasqua) machen ihre Sache so perfekt und mit so viel Begeisterung, dass man auf eine Zweitbesetzung verzichtete. Auch Qi Wang ist mit seinem kraftvollen Bassbariton in allen Vorstellungen als Anzoleto zu hören. Ein Sonderlob an Selina Schweiger für die aufwändigen, stil- und geschmackvollen Kleider der Damen und die wunderbaren weiten Hosen der Männer.
Ein absolut liebenswürdiges, humorvolles Werk, das zu Recht als das gelungenste unter den Lustspielen des Komponisten gilt. Die Mischung aus Mozart, Rossini und Puccini wird von Kai Röhring mit dem Sinfonieorchester der Universität Mozarteum im Orchestergraben zum Leuchten gebracht. In der Vorstellung am 11. Mai 2022 gab es auf der Bühne und im Zuschauerraum nur zufriedene Gesichtern und viel Applaus.
„Il Campiello“ – Oper in drei Akten von Ermanno Wolf-Ferrari. Libretto von Mario Ghisalberti nach einer Komödie von Carlo Goldoni. Eine Veranstaltung des Departments Oper und Musiktheater in Kooperation mit dem Department für Gesang und dem Department für Bühnen und Kostümgestaltung, Film- und Ausstellungsarchitektur. Musikalische Leitung: Kai Röhrig. Regie: Rosamund Gilmore. Bühne: Theresa Staindl. Kostüme: Selina Schweiger. Dramaturgie: Eike Mann. Fotos: Mozrarteum/ Oper
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