
Foto: Clemens Kois
Elisabeth Pichler. Die Putzfrau Emmi flüchtet vor dem Regen in eine Kneipe, in der arabische Musik erklingt. Unbeholfen und schüchtern sitzt sie da, bis plötzlich ein junger marokkanischer Gastarbeiter vor ihr steht: „Du tanzen mit mir.“ „Du sitzen allein.“ Zwischen dem ungleichen Paar entspinnt sich eine zarte Liebe, die ihnen über ihre Einsamkeit hinweghilft. Die Feindschaft und der Hass ihrer Mitmenschen schweißt sie noch enger zusammen. Trotz des Widerstandes von Emmis erwachsenen Kindern beschließen sie, zu heiraten und den Anfeindungen der Nachbarn und Kollegen mit Freundlichkeit zu begegnen. Doch als der gesellschaftliche Druck nachlässt, werden die Probleme eher größer. Die Ehe bröckelt nach und nach, Stück für Stück geht das Glück flöten und Ali flüchtet immer öfter zu einer früheren Freundin, um sich dort nicht nur mit Couscous verwöhnen zu lassen.

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg
Schon das Bühnenbild von Alexia Engl, ein großes weißes Podest mit ein paar Tischen und Stühlen wirkt wie ein kalter Wartesaal und macht die Einsamkeit derer, die da agieren, greifbar. An einem Ende sitzen die Schauspieler, grau in grau gekleidet, eine bösartige geisterhafte Meute, die nur darauf wartet, ihr Gift zu verspritzen. Wenn sie an der Reihe sind, springen sie auf das Podest, als Putzfrauen, Hausbewohner oder Hausbesitzer, dann wieder als Kinder und Schwiegerkinder oder als Greißler um die Ecke.
Daniela Enzi als Emmi und Timo Senff als Ali brillieren durch ihr glaubwürdiges und einfühlsames Spiel, nichts wirkt forciert, nichts überdreht. Doch die Unterschiede zwischen den beiden sind stets greifbar. Während die einsame, sehnsuchtsvolle Emmi offen ausspricht, was sie denkt, wird Ali immer schweigsamer und verschlossener.

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg
„Angst essen Seele auf“ ist das vielschichtige Porträt einer scheinbar unmöglichen Liebe zweier Außenseiter und gleichzeitig eine brillante Analyse von Mechanismen sozialer Unterdrückung und von Machtstrukturen. Inwiefern benutzen wir immer wieder Mechanismen der Ausgrenzung, wenn die eigene Toleranz auf die Probe gestellt wird?
Auch wenn manche Szene in ihrer Klischeehaftigkeit von 1973 etwas übertrieben klingt, grundsätzlich würde es dem Marokkaner Salem, den alle nur Ali nennen, und der Putzfrau Emmi heute kaum anders ergehen: Unverständnis, Vorwürfe bis hin zu offener Aggression.
Die Problematik der Ausländer in Deutschland hat sich zwar verändert, verschwunden ist sie aber nicht.
Die beiden Hauptdarsteller wurden stürmisch gefeiert. Die dichte Inszenierung durch Peter Arp hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck, ein absolut sehenswertes Stück.

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg

Foto: Eva - Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg
„Angst essen Seele auf“ von Rainer Werner Fassbinder / Mit: Daniela Enzi, Timo Senff, Oliver Hildebrandt, Antony Connor, Ute Hamm, Elke Hartmann, Constanze Passin, Ulrike Arp, Philip Leenders / Inszenierung: Peter Arp / Ausstattung: Alexia Engl / Dramaturgie: Veronika Breuning / Licht: Richard Schlager / Regieassistenz: Birgit Lindermayr
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