Sons of Sissy – zünftiges Finale der Sommerszene

Simon Mayer - Sons of Sissy

Mit einer etwas skurrilen Performance, in der volkstümliche Rituale humorvoll hinterfragt werden, sorgte der Oberösterreicher Simon Mayer, der zu den Shootingstars des zeitgenössischen Tanzes zählt, am 1. Juli für beste Stimmung im republic.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Der Choreograf spielt mit drei jungen Männern, allesamt Musiker und Tänzer, zu Beginn mit stoischer Miene heitere Volksmusik. Bald aber ist Schluss mit der fröhlichen Schunkelmusik, denn die Melodie löst sich allmählich auf und Patric Redl macht sich mit seiner rhythmisch ein- und wieder ausatmenden Harmonika selbstständig. Stampfend, mit einem mantraartig gleichbleibendem Ton beginnt er die Bühne zu umkreisen, erst im Schritttempo, dann in wirbelnden Drehungen.

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Er bleibt nicht lange allein, denn auch Matteo Haitzmann lässt seinen weiten schwarzen Rock wie ein tanzender Derwisch schwingen. Die vier Tänzer formieren sich zu Paaren und geben den von Volkstänzen bekannten Bewegungen und Figuren eine etwas schräge Note, denn lange Haare und ein weiter Rock machen noch lange keine weiblichen Wesen aus den gestandenen Männern. „Dirndl drah di“ und der wild gestampfte „Siebenschritt“ entbehren so nicht einer komischen Note. Kuhglockengeläute, die Klänge einer Ratsche und das knatternde Geräusch einer „Goaßl“ (Peitsche) mischen sich mit den obligaten Juchizern. Das bei einem volkstümlichen Abend obligate Kräftemessen in Form einer Rangelei darf natürlich auch nicht fehlen.

Noch extremer wird die Performance, wenn sich die Herren vollständig entkleiden. Es wird weiter gehüpft, gestampft, geschuhplattelt und musiziert, wobei es dem Quartett durch ihre Nacktheit gelingt, die traditionellen männlichen Rollenbilder im österreichischen Brauchtum radikal und überaus humorvoll aufzubrechen. Eine leicht homoerotische Note lässt sich dabei nur schwer vermeiden.

Mit den ständigen Bewegungswiederholungen, dem rhythmischen Hüpfen und Stampfen, zeigt dieser Tanzabend auf sehr unterhaltsame Art die Verwandtschaft des alpenländischen Brauchtums mit den Ritualtänzen von Naturvölkern auf. Das Aufgehen in der gemeinsamen Bewegung gipfelt zum Finale in einem vielstimmigen Gesang. Sissys Söhne gelang es mit dieser schrägen Performance, das Publikum zumindest teilweise zu Standing Ovations von den Stühlen zu reißen.

„Sons of Sissy“ – Idee, Choreografie: Simon Mayer. Performance, Musik: Matteo Haitzmann, Simon Mayer, Patric Redl, Manuel Wagner. Klangkörper und Spezialinstrumente: Hans Tschiritsch. Bühne und Kostüm: Andrea Simeon. Licht: Martin Walitza, Jan Maria Lukas. Künstlerische Beratung: Frans Poelstra. Produktion: Sophie Schmeiser, Elisabeth Hirner. Touring: Sophie Schmeiser, Hiros. Eine Koproduktion von Kopf hoch, brut Wien, Gessnerallee Zürich, zeitraumexit Mannheim und Tanz ist Dornbirn. Fotos: © 2017 sommerszene | Peter Empl, Rania Moslam, Margaux Kolly

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Dorfladen

1 Kommentar zu "Sons of Sissy – zünftiges Finale der Sommerszene"

  1. Ewig schade, dass nicht alle Männer so schön gebaut sind!

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