Death of a clown

Jango Edwards

Jango Edwards | Foto: © R. Drechsler

Zur Erinnerung an Jango Edwards

Kein Tabu, das er nicht brach, keine Geschmacklosigkeit, vor der er Halt machte, Provokation, derber Witz und Trash at its best: Jango Edwards, der Clown mit der Rapunzelmähne, revolutionierte in den 1970er Jahren den Berufsstand der Rotnasen und handelte sich dabei die Punzierung Anarcho-Clown ein. Nun ist sein Lachen für immer verstummt. Am 4. August erlag er mit 73 Jahren in Barcelona seiner Krebserkrankung.

Claudia Karner

Von Claudia Karner

„You don’t have to discuss it. Hey, I’m telling you. When we all play  together, love will get us through…!“  Clown Power war das Credo von Jango Edwards, der Mitte der Siebziger Jahre seinen gut dotierten Job als Kunstrasenverkäufer in Detroit hinschmiss, sich den Mund weiß schminkte und in Amsterdam die Fools-Bewegung gründete, um mit seiner Friends Road Show die Welt zum Lachen zu bringen und sie mit Love, Peace and Harmony und jeder Menge Slapstick zu überfluten.

Jango Edwards

Jango Edwards | Foto: © Klaus Werner Lobo

Tausend Gesichter für das Publikum

Im Dezember 1980 schlug Jango samt Gefolge zum ersten Mal in Salzburg auf. Die Zuschauer standen vor Begeisterung Kopf, als er im Kongresshaus seine durchgeknallte Show abzog, todesmutig in einen Bierbecher köpfelte und im Stars and Stripes-Stringtanga durch die johlenden Massen lief. In den Salzburger Nachrichten schrieb Inge Wolkerstorfer unter dem Titel „Nonsens-Walpurgisnacht“: „Ein Narr, ein Freak, der Clown der Achtziger Jahre, der Mann, dem nichts, aber schon gar nichts zu blöd ist – das ist Jango Edwards. Tausend Gesichter für das Publikum, ein Fressen für die Fotografen, eine Strapaze für die Lachmuskeln.“

Unter den Zuschauern war Bruno Reichmann, der damalige Chef der Nobel-Disco Half Moon, der kurz darauf  – unterstützt von Bürgermeister Josef Reschen -nach einem Auftritt im Half Moon mit Jango eine Show auf dem Kapitelplatz im Schatten des Domes ausheckte, und zwar in einer aufblasbaren, quietschgelben Plastikarena.

Clownerie im Schatten des Domes

Die Veranstaltung im Juni 1981 stand unter keinem guten Stern. Das Publikum blieb aufgrund der hohen Eintrittspreise aus, Jango war im doppelten Sinn verschnupft. Er sagte die zweite Veranstaltung kurzerhand ab. Die Luft war raus, zuerst aus Jango und kurz darauf auch aus dem überdimensionalen Planschbecken.  

Zu Clown Power gab es aber  in Salzburg noch öfters Gelegenheit, im Orff-Institut zum Beispiel, wo er mit seinem Kollegen Johnny Melville auftrat, im Stadtkino, dem heutigen Republic, und bei der 500-Jahr-Feier vom Stiegl-Bräu 1992, wo Jango das Riesenzelt, das auf dem Stiegl-Gelände stand, zum Wackeln brachte.   

Jango Edwards

Jango Edwards Februar 2023 | Foto: © Heinz Wagner www.kijuku.at

„And now for a cold beer!“

Bier und Jango – das passte wie die Faust aufs Auge oder besser gesagt, wie die platt gedrückte Dose aufs Hirn. In Helmut Zenkers Comedy-Sendung „Tohuwabohu“ wurde Jango als verrückter amerikanischer Bierliebhaber einem breiten Fernsehpublikum bekannt. Sie erinnern sich? „And now für a cold beer!“ Platsch!

Sogar der Politik wurde auf ihn aufmerksam. Als „Pionier der Comedy“ wurde Stanley Ted Edwards, so der richtige Name,  mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Stadt Wien ausgezeichnet. 2011 – da war Jango 61 Jahre alt und schon von manch gesundheitlichen Problemen geplagt – begab er sich auf große Abschiedstournee durch Europa, die ihn auch auf Einladung von Caroline Richards ins Kleine Theater in Salzburg führte. Doch man spürte: Der Lack war ab und die alten Kamellen, als „Classics“ getarnt, fanden nur noch Hardcore Fans zum Brüllen. Dann wurde ruhig um den King of Fools.

We love you

We love you | Foto: © Circus- und Clownmuseum Wien

Im Herbst 2022 machte Jango im katalanischen Fernsehen  – er lebte seit vielen Jahren in Barcelona – seine Krebserkrankung publik. Die Ärzte würden ihm nur mehr ein Jahr geben, sagte er vor laufender Kamera und zog seinen Strohhut vom Kopf. Statt Rapunzelmähne trug er nun Glatze. Das OK, das er sich auf die hohe Stirn gemalt hatte,  signalisierte eine gewisse Gelassenheit seinem Schicksal gegenüber.

Eine Waschmaschine auf dem Grab

Zum letzten Mal stand Jango im Februar dieses Jahres bei seinen Freunden Michael und Andreas Swatosch,  den Fools-Brothers, im Circus- und Clownmuseum in Wien auf der Bühne. „The Importance Of Being You By Seeing Me“ nannte er den Abend, der von Wehmut und Galgenhumor getragen war. Das soll auch der Titel seines Buches sein, das nun posthum erscheinen wird, quasi eine Clown-Bibel.

„We come, we go, we finish“, sagte Jango, das alte Zirkuspferd, schon schwer von der Krankheit gezeichnet. Er sei jetzt in der Zielgeraden und er wünsche sich, meinte er augenzwinkernd, man möge ihm eine alte Waschmaschine auf sein Grab stellen. Wenn die schnarrende Trommel rotiert, entstünde ein Geräusch, das wie „Hahahahaha“, also wie Gelächter, klinge. Und dann sang er gemeinsam mit dem Publikum den alten Nat King Cole-Hadern „Smile“, der ursprünglich in der Instrumentalfassung das Schlusslied in Charlie Chaplins Film „Modern Times“ war.

In diesem Sinne: Taschentücher wegräumen, Mundwinkel hochziehen und lächeln! Smile!

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