„Jeanne d’Arc“ – Das Ende einer Heldinnenreise

Jeanne dArc

Die französische Nationalheldin und Heilige Jeanne d’Arc inspirierte Friedrich Schiller zu dem 1801 uraufgeführten Drama „Die Jungfrau von Orleans“. Cassandra Rühmling, Autorin, Regisseurin und Schauspielerin, ergänzt diesen Text mit den originalen Prozessakten und legt dabei den Fokus auf die Themen Machtmissbrauch, Manipulation und Gewalt gegen Frauen.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Eine beklemmende, zutiefst berührende Inszenierung, die das Publikum bei der Premiere im Kleinen Theater am 3. November 2023 in ihren Bann zog. Kräftiger Applaus für einen denkwürdigen Theaterabend.

Das Land ist zerrissen, denn der Hundertjährige Krieg tobt in Frankreich. Jeanne d’Arc (geboren 1412 in Demrémy, Lothringen), „eines Schäfers Dirn“, sitzt von Visionen geplagt unter einem Druidenbaum. Überirdische Stimmen fordern sie ständig zum Kampf auf und so greift sie schließlich zum Schwert.

Bischof de Beauvais – Pierre Cauchon, ein Berater des Königs, glaubt an die Prophezeiung des Zauberers Merlin: „Es wird eine Jungfrau kommen, die gegen die Bogenschützen reitet und die jungfräulichen Blumen verdunkelt“. Er stellt ihr daher für die Schlacht vor Orléans einen der besten Männer zur Seite, Gilles de Rais. Durch ihren Sieg verhilft sie dem Dauphin und späteren französischen König Karl VII. zum Sieg über Engländer und Burgunder. Anschließend geleitet sie Karl zu seiner Königssalbung nach Reims. Nach der Niederlage der Franzosen in der Schlacht von Compiègne wird Jeanne d’Arc jedoch festgenommen und schließlich in einem kirchlichen Verfahren als Hexe und Ketzerin zum Tod verurteilt. Am 30. Mai 1431wird sie in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

In Cassandra Rühmlings Version wird Johanna von zwei Männern bedrängt, dem korrupten Bischof, der nur sein Erzbistum im Blick hat, und dem mehr als zudringlichen, brutalen Gilles de Rais. Nach Johannas Tod kommt auch dessen dunkle Seite zu Tage. Er ging nämlich als einer der größten Kinderschänder und Mörder in die Geschichte ein, mit vermutlich hunderten Opfern seiner Lust. Er liebte blutige Perversionen und, da Gilles de Rais diese auch genauestens schildert, ist das Stück erst ab 14 Jahren zu empfehlen.

Cassandra Rühmling erweist sich in der Rolle der Jeanne d’Arc als ungemein wandlungsfähig. Fast kindlich und naiv wirkt sie, als sie ihren Visionen lauscht. In dem Moment, als sie zum Schwerte greift, wird sie zur starken, unbeugsamen Kämpferin: „Jetzt ist eine schwere Zeit, wo auch das Weib sich in den Panzer steckt!“ Als Gefangene lässt sie sich nicht einschüchtern, erträgt die Vorwürfe und bleibt standhaft. Josef Langwiesner gibt sehr authentisch den alten korrupten Kirchenfürsten, der für seinen Vorteil über Leichen geht. Torsten Hermentin muss in die Rolle des grausamen Gilles de Rais schlüpfen, was sicherlich nicht leicht ist. Allein das Lernen des widerlichen Textes muss ein Graus gewesen sein. Der Singer-Songwriter Ronny Rühmling (Vater der Regisseurin) trägt mit seinen Liedern immer wieder zur Entspannung bei.

Faszinierend die Kostüme, die der Kostümabteilung der Salzburger Festspiele zu verdanken sind. Alois Ellmauer (Bühne) und Friedrich Rücker (Bühnenobjekt) haben eine zwar einfache, doch sehr eindrucksvolle Bühne geschaffen, wobei die Äste des Druidenbaumes, die als dicke Seile von der Decke hängen, vielseitig einsetzbar sind.

Cassandra Rühmling, die schon mit ihrem kämpferischen Spaziergang durch die Getreidegasse für Furore gesorgt hat, ist ein bemerkenswerter, sehr ambitionierter Theaterabend geglückt. Ein liebevoll gestaltetes Programmheft bietet außer interessanten Hintergrundinformationen auch Telefonnummern, sollte jemand wirklich Hilfe benötigen.

„Jeanne d’Arc“ – Das Ende einer Heldinnenreise. Von Friedrich Schiller und den originalen Prozessakten. Bühnenfassung und Regie: Cassandra Rühmling. Musik: Ronny Rühmling. Sound: Markus Brandt. Bühnenkonstruktion: Andreas Lettner / le-ander. Bühnenobjekt: Friedrich Rücker. Bühne: Alois Ellmauer. Kostüm und Requisite: Lili Brit Pfeiffer, Jan Meier – Salzburger Festspiele. Licht und Technik: Marvin Gschnitzerl. Hairdesign: Mario Krankl. Mit: Cassandra Rühmling, Torsten Hermentin, Erich Josef Langwiesner, Ronny Rühmling. Fotos: Foto Flausen (Titelbild) Benjamin Blaikner (6)

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