„Knitting Peace“ – Wir stricken für den Frieden

KnittingPeace AinoIhanainen_JensEngman FotoMatsBaecker

Der schwedische Cirkus Cirkör eröffnete das Winterfest 2023 im verschneiten Volksgarten mit einer poetischen Show der Superlative. Das vor 10 Jahren entstandene Stück ist bereits ein Klassiker des zeitgenössischen Zirkus und machte die Compagnie schlagartig bekannt. Atemberaubende Akrobatik, phantastische Live-Musik und ein geheimnisvolles, filigranes Bühnenbild aus Schnüren, Stricken und Seilen bezauberten das Publikum, das sich bei der Premiere am 29. November 2023 mit Standing Ovations bedankte.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Während das Publikum in das große Theaterzelt strömt, strickt ein elfenhaftes Wesen mit bloßen Händen, ganz ohne Nadeln, an einem riesigen, löchrigen Tuch. Wenn der Vorhang fällt, tauchen wir ein in eine verzauberte Welt, in der Fäden und Seile wie Spinnennetze von der Decke baumeln.

Ein Seiltänzer, dessen Seil von zwei Damen ständig in Bewegung gehalten wird, ist nicht nur ein begnadeter Artist, er entlockt dabei auch noch seiner Geige himmlische Töne. Als wäre das nicht schon genug, wird ihm auch noch ein kleines Einrad zugesteckt. Dafür gibt es natürlich tosenden Applaus.

So richtig stabil ist an diesem Abend nur wenig. Auch eine Strickleiter hat so ihre Tücken, denn nach und nach brechen ihre Sprossen weg. Da löst wohl jemand ganz gekonnt die lockeren Schlaufen auf. Die Artistin lässt sich davon nicht beirren, sie schafft es bis zur letzten Sprosse. Ein Bild, das aufzeigt, wie schlimm es sein muss, wenn Menschen auf der Flucht die Sicherheit abhanden kommt. Cirkör versteht sich nämlich als politischer Zirkus und so sind viele Nummern mehrdeutig und bescheren packende Bilder.

Obwohl vieles poetisch und sehr romantisch anmutet, heizt der Komponist und Musiker Samuel „Looptok“ Andersson mit heißen Rhythmen ordentlich ein. Er sitzt wie ein Teufelsgeiger ganz oben auf der Bühne, fiedelt, orgelt und singt mit rauchiger Stimme. Der mitreißende Sound ergibt einen tollen Kontrast zu den meist in Weiß gehaltenen Bildern, die mich an einen verwunschenen „Winternachtstraum“ erinnern.

Die Compagnie strickt für den Frieden und ihr Aufruf löste eine enorme Resonanz aus. Von Island bis Südafrika trafen Tausende selbstgestrickter Originale von Friedenstifter*innen ein. Einige davon hängen im Foyer des Theaterzelts. Der künstlerische Direktor der Compagnie, Tilde Björfors, trug laut Programmheft beim Schreiben des Programmheftes selbstgestrickte Socken, die ihm von einem Freund aus der Ukraine zugeschickt wurden. Er ist sich sicher, dass in jeder Masche Gedanken an Frieden und Liebe stecken. Es liegt zwar nicht in der Macht von Circus Cirkör, den Krieg zu stoppen, doch: „It’s also impossible to carry weapons while knitting.“ Da hat er wirklich recht, beim Stricken kann niemand eine Waffe tragen.

Das begeisterte Publikum bedankte sich mit Standing Ovations für diese großartige, ganz spezielle Winterfest-Eröffnungs-Performance, die so wunderbar zur friedlichen Adventzeit passt.

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